Heimspiel im Galerieformat

by Kristin Schmidt

Paul Hafner zeigt in seiner Galerie die Gruppenausstellung «Small talk» als Heimspiel der anderen Art. 19 Künstlerinnen und Künstler mit Verbindungen zu St. Gallen geben sich ein Stelldichein.

Paul Hafners Coup ist gelungen: Es gibt ein Heimspiel vor dem Heimspiel. Zwei Wochen bevor die Regionale im Kunstmuseum und der Kunsthalle St. Gallen eröffnet wird, zeigt der Galerist seine ganz individuelle Schau des Ostschweizer Kunstschaffens. Und die Auswahl kann sich sehen lassen. Sie reicht von etablierten Positionen bis hin zu jungen Künstlerinnen; von geborenen St. Gallern bis zu Künstlern, die aus Übersee in die Ostschweiz kamen oder bereits wieder weitergezogen sind. Nur fünf der 19 Präsentierten sind Künstler der Galerie, alle anderen geben ein Gastspiel.

Roman Signer beispielsweise. Er sagte sehr gern zu, und schon kurze Zeit darauf konnte Paul Hafner neue Arbeiten im Atelier abholen. Letzteres ist abgesehen vom Bezug der Künstler zur Ostschweiz ein gemeinsames Merkmal aller Werke: Der überwiegende Teil ist in diesem Jahr, ja für diese Ausstellung entstanden, die anderen sind höchstens ein Jahr älter.

Verständlich, dass Paul Hafner in der Ausstellung keine riesigen Bilder oder Installationen zeigt. Damit wäre eine nochmalige Reduktion der Auswahl nötig gewesen, die doch ohnehin schon nicht leicht zu treffen war. Und Qualität ist bekanntlich unabhängig von Zentimetern zu haben. Das gilt für die Gemälde von Andrea G. Corciulo ebenso wie für diejenigen von Vera Marke, für die Fotografien von Katalin Deér ebenso wie für die Inkjetprints von Ueli Alder.

Auch die für ihre Wandmalereien bekannte Marianne Rinderknecht hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sie auch im Kleinformat überzeugen kann. Die Hängung der Ausstellung mutet auf den ersten Blick wenig inspiriert an, folgt sie doch chronologisch den Geburtsjahren der Künstlerinnen und Künstler. Aber gerade darin offenbart sich dann wieder Interessantes.

So oszillieren Alex Hanimanns Zeichnungen zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit und thematisieren Ähnliches auf andere Weise wie direkt daneben Josef Felix Müllers «Abstrakte Malerei auf Holz»: Was man zunächst für drei Clownsmasken hält, wird durch den Titel zu rotem Punkt und Pinselstrich auf Weiss. Oder betrachten die Clowns Abstraktionen? Nein, sie betrachten den Betrachter solcherlei Malerei, oder?

Wenn in den Werken der älteren Künstler durchaus Ironie, Witz und spielerische Ideen anklingen, so wirken jene der jüngeren manchmal geradezu düster. Und noch etwas zeigt die chronologische Hängung: je jünger die Künstler, desto öfter klingt Bekanntes aus der Kunstgeschichte wieder an, wird umgedeutet oder aktualisiert. Beni Bischofs schwarze Gemälde etwa erinnern an die Ästhetik Pierre Soulages‘.

Die Lichtreflexe auf der satten Ölfarbe lenken den Blick auf die Farbstruktur und bei Bischof zusätzlich auf die inhaltlichen Finessen.

Mirjam Kradolfer schlüpft wie Cindy Sherman in unterschiedlichste Rollen, jedoch liegt der Schwerpunkt bei ihr auf der Körperhaltung und Gestik, sie benötigt damit weniger Requisiten und zeigt die Auswirkungen bereits kleinster Differenzierungen.

Michèlle Grob hingegen lädt ähnlich wie Thomas Ruff pornographisches Bildmaterial aus dem Internet herunter, allerdings verfremdet sie es nicht durch Vergrösserung, sondern durch die Übersetzung in Häkelei. Geschlechterklischees werden hier ebenso thematisiert wie der Kontrast der Medien.

Den Schlusspunkt der Ausstellung bildet Alexandra Maurers «la chute». Sie ist damit nicht der Chronologie untergeordnet, doch auch das hat seinen Grund: Der Fuss im Videostill wendet sich nach links und fordert somit auf, zurückzugehen und die Ausstellung nochmals abzuschreiten – in jedem Falle ist dies keine verschwendete Mühe.