Auf Signers Spuren durch St.Gallen

by Kristin Schmidt

Roman Signers Werke sind im öffentlichen Raum präsent. Die Stadt lädt zum Kunstspaziergang Kunstvermittlerin Stefanie Kaspar.

Wer an Roman Signers Arbeit im Stadtraum St.Gallen denkt, hat vermutlich zuerst das rote Fass im Grabenpärkli im Kopf. Doch der „Wasserturm“ ist weder Signers erstes Kunstwerk im öffentlichen Raum, noch das einzige, dass eine genauere Betrachtung verdient, wie ein Rundgang mit Stefanie Kaspar zeigt. Anlässlich des 75. Geburtstags des Künstlers lud die Stadt St.Gallen gestern zum ersten von vier Kunstspaziergängen mit der in Wil geborenen Kunstvermittlerin ein. Stefanie Kaspar schrieb ihre Abschlussarbeit an der Universität Zürich über „Roman Signers Arbeiten im öffentlichen Raum der Stadt St.Gallen“ und baute am Kunstmuseum die Museumspädagogik mit auf.

Unterwegs also mit einer erfahrenen Kunstvermittlerin und ausgewiesenen Signer-Expertin: Zwei Dutzend Kunstspazierende fanden sich im Rathausfoyer ein. Dort ist derzeit Signers „Kajak II“ aus der Sammlung des Kunstmuseums zu sehen. Anschaulich sprach Kaspar über die Poesie der Gebrauchsdinge: Statt Starre und repräsentativem Anspruch in Marmor oder Bronze, gibt es bei Signer Werkprozesse und die fein austarierte Balance der Kräfte. Immer wieder sind Naturkräfte im Spiel. So läuft denn auch beim „Wasserturm“ im Grabenpärkli nicht einfach nur Wasser aus der Leitung ins Fass und wieder heraus. Wichtig ist der Wasserstand. Kaspar präsentiert Entwürfe, Fotografien früherer Versuchsanordnungen und spart auch die Rezeptionsgeschichte der ehemals umstrittenen Arbeit nicht aus. Und wer weiss, ob nicht der Streit weniger heftig ausgefallen wäre, hätte es damals bereits Kunstvermittlung auf heutigem Niveau gegeben.

Weiter geht’s zum Union-Gebäude am oberen Graben. Nachdem Kajak im Fass und dem Fass ohne Kajak ist nun ein Kajak ohne Fass zu sehen. Aber erst im obersten Stockwerk des Gebäudes, denn Signer nutzte hier die besondere architektonische Anlage des versetzten Treppenhauses und konzipierte für das Erdgeschoss ein kreisrundes schwarzes Becken, in dem einzeln fallende Wassertropfen konzentrische Kreise hinterlassen. Was sich beim Blick nach oben nicht offenbart, sondern am besten erlaufen wird: Die Tropfen fallen aus dem Heck eines Kajaks.

Wasser ist ein zentrales Element in Signers Schaffen, das zeigt sich auch bei der „Installation an der Steinach“. Signer legte den Wirbelfallschacht offen und zeigt den Wasserlauf ein letztes Mal, bevor er unter der Stadt verschwindet. Kaspar spricht über des Künstlers besondere Beziehung zur Steinach und arbeitet auch hier wieder mit Fotografien und Skizzen.

Kaum drei Wegminuten entfernt, sprudelt an der Mühlenstrasse 14 ein Wasserfall aus neun Röhren. Die Arbeit wurde auf private Initiative hin installiert und plätschert meist über die Mittagszeit, nun aber auch exklusiv für den Rundgang. Dieser endet hier. Doch vom Wasserobjekt beim Schulhaus Oberzil zum Fasslager bei der EMPA oder der Wasserschaukel auf dem Helvetia-Areal gibt‘s von Signer im Stadtraum einiges zu sehen. Der Kunstspaziergang macht Lust auf mehr.