Wohlergehen in Gais

by Kristin Schmidt

Der Kurort Gais war der ideale Veranstaltungsort der diesjährigen Kulturlandsgemeinde unter dem Motto „wohl oder übel“. Bei Molke und Kraftelixier wurde über Gesundheit nicht nur geredet.

Wie gesund sind wir? Wie gesund müssen wir sein? Wie gesund ist die Welt? Die Kulturlandsgemeinde 2013 kümmerte sich ums Menschen- und Weltenwohl und sparte auch das Übel nicht aus. Letzteres geriet jedoch bald einmal in den Hintergrund angesichts der vielen aufs Wohlergehen ausgerichteten Angebote. Die verwinkelten Gänge des Hotel Krone in Gais führten zu Behandlungs-, Beratungs- und Bewegungszimmern. Ob Akupressur oder Tai Ch´i, Craniosacral-Therapie oder Krankenkassenberatung, ob Fussbäder oder Feldenkrais – alles konnte in Ruhe ausprobiert werden. Zwischendurch lockte ein Ruhezimmer zu einer Pause. Material für das Hirn gab es im Bücherzimmer. Aus den Beständen der Kantonsbibliothek Trogen war hier eine kleine, aber gehaltvolle Bücherei zusammengestellt worden.

Das eigentliche Herzstück der Kulturlandsgemeinde waren die Plattformen im Veranstaltungssaal des Hotel Krone. Am Samstagvormittag stand der „Körper in Hochform“ im Zentrum. Tänzer Philip Amann, Künstlerin Renate Flury, der Gaiser Extremsportler Reto Schoch und der neue Innerrhoder Landammann Roland Inauen sprachen über das Fliessen der Energien und Gedanken. Für Inauen war die Landsgemeinde naturgemäss ein besonderes Ereignis, aber ebenso wichtig sei es, die Alltagsmomente zu beseelen. Die Gesprächspartner waren sich einig, dass Balance wichtig und Lachen heilsam sei. Das ergab auch die zweite Plattform. Sie untersuchte „Was uns aufs Gemüt schlägt“. Rechtsanwalt Hermann Grosser, Lama Irene, Neurologe Jürg Kesselring und Künstlerin Michaela Müller unterhielten sich nicht nur, sondern lebten auf dem Podium vor, wie es funktioniert, einander wahr- und ernst zu nehmen. Ein Kernbegriff war die Verantwortung sich selbst, anderen und der Umwelt gegenüber. Letzteres ergründete die dritte Plattform. Wie schon zuvor führte Slam-Poet Richi Küttel launig und sprachgewandt ins Thema ein, er fand so sprechende Bilder wie jenen vom „Senkfuss im ökologischen Fussabdruck“. Gesundheitsökonom und Weltreisender Jürg Baumgartner, Journalistin und Autorin Susan Boos und der Ausserrhoder Gesundheitsdirektor Matthias Weishaupt schlugen den Bogen von der Gesundheitspolitik bis zu den globalen Ressourcen und zurück zur Gesundheit, denn das Verhalten des Einzelnen beeinflusst schlussendlich sein Wohlgefühl.

Einfache Rezepte für den kranken Planeten gibt es nicht, aber warum nicht vom Appenzellerland aus eine Revolution zur Entschleunigung anzetteln? So ein Fazit der Sendschrift zur Kulturlandsgemeinde. Sie wurde von Journalist Peter Surber verfasst und am Sonntag vorgetragen. Der eigentliche Höhepunkt des Sonntagsprogramms war aber zweifelsohne die Lesung von Endo Anaconda. Der Schriftsteller und Musiker mäanderte wortgewaltig unterhaltend vom Hobbyhypochonder zum Hobbymediziner, von surrealistischen Fieberträumen bis zur Frage „Hätte ich ein Appenzeller Nachtwanderseminar buchen sollen?“. Lachen ist gesund und in diesem Sinne dürfte allen Anwesenden einmal mehr wohl gewesen sein an dieser Kulturlandsgemeinde.