Kunstbauten im Kubel

by Kristin Schmidt

LANDSCHAFT UND KUNSTBAUTEN –
EIN PERSÖNLICHES INVENTAR VON JÜRG CONZETT,
FOTOGRAFIERT VON MARTIN LINSI

Im Kubel fing alles an und findet nun einen Höhepunkt. Im Februar 2010 startete Jürg Conzett, begleitet von Fotograf Martin Linsi hier im Kraftwerk Kubel seine Reise zu ausgewählten Schweizer Kunstbauten. Das Bundesamt für Kultur hatte ihn mit dem Schweizer Beitrag für die Architekturbiennale 2010 betraut und Conzett suchte, versammelte und dokumentierte, was ihn beeindruckte. Die entstandene Ausstellung mit den prägnanten Texten, den Schwarzweissfotografien und Modellen begeisterte nicht nur Fachleute. Es sprach sich weit herum, dass da einer mit persönlichem Blick die Qualität der Ingenieurbauten herausarbeitet. Dabei geht es Conzett keineswegs nur um technische Meisterschaft. Ebenso wichtig ist ihm der bewusste Umgang mit dem Ort, der Umgebung, wo gebaut wird. Und da ist das Sitterviadukt hoch über dem Kraftwerk Kubel ein ausgezeichnetes Beispiel. Wer hier aus dem Fenster blickt, den überwältigt die Monumentalität des Brückenpfeilers ebenso wie ihn die Atmosphäre des Tobels einnimmt.

Zweieinhalb Jahre später nun sind Conzetts während jener Reise erfasste baukünstlerische Favoriten hier im Kubel zu sehen. Und nicht nur das. Das ursprüngliche Konvolut wurde um Ostschweizer Bauten erweitert. So sind beispielsweise das Bundesverwaltungsgericht, die Vonwilbrücke, der Gaiserbahnhof, Robert Maillarts Felsenbrücke über der Mühlenenschlucht und die ehemalige Goldzack Gummibandweberei in Gossau dokumentiert. Sie stehen nun neben Trouvaillen wie dem eigens inszenierten Wasserfall auf der Berner Seite der Sustenpassstrasse, neben der S-förmigen Ganterbrücke oder Conzetts Dorfbrücke in Vals.

So mancher Ostschweizer Bau hatte es bereits in die Biennaleausstellung geschafft, nicht nur das Sitterviadukt der SOB. Auch Hans Ulrich Grubenmanns  „sprechende Brücke“ über die Urnäsch oder das Goldachviadukt: Für Conzett stellt die Brücke mit ihrer Spannweite von 90 Metern einen Tribut an die Landschaft dar. Ihre Proportionen sind schön, wirken ungezwungen. Dies ist allen fotografierten Bauten gemeinsam. Indem das Konzept trägt, entfaltet sich die Ästhetik. Jürg Conzett formuliert es so: „Mit dem Eingriff in die Landschaft entsteht eine neue Wirklichkeit, die in sich selber wirkt.“

Möge die dicht bestückte Ausstellung an diesem passenden Ort einmal mehr für Infrastrukturbauten sensibilisieren, auf dass sich so ein bedauernswerter Abbruch wie jener der Maillartschen Filterhalle des Wasserwerks in Goldach nicht wiederholt.