St. Gallen: Nicole Böniger und Markus Müller

by Kristin Schmidt

Der Kulturraum des Kantons St. Gallen ist ein starkes Stück Architektur. In den 1970er Jahren wurde er im klassizistischen Zeughaus als Ausstellungsraum erstellt und wartet nun mit einer markanten Wand- und Deckengestaltung auf. Eine Herausforderung die Markus Müller annimmt und beantwortet. Ursprünglich hatte der Basler Künstler massive Einbauten mit eingeschnittenen Durchblicken geplant. Geblieben sind die Löcher, oder vielmehr deren Positivform: Müller stülpt die Löcher um. Er stellt zwei unregelmässig ovale Scheiben in den Raum. Ihre schwarzen Seiten schlucken das Licht und weisen in unbestimmte Tiefe. Der braun gestrichene Rand suggeriert Maserung und nimmt Kontakt auf zum dunklen Holzboden. Beide Scheiben stehen für sich und sind doch auf den Raum bezogen. Müller attackiert das Vorgefundene nicht, sondern denkt es unbefangen weiter. Nicole Böniger nimmt ebenfalls den Dialog auf, jedoch verhaltener. Ihre Malereien und Papierarbeiten entfalten eigene Räume. Die Zürcherin beschreibt Farben als Zustände. Übereinander gelegt und verwoben oder wieder abgetragen, eröffnen sie lichte oder tiefe Stellen. Überdies entwickeln die Lacke, Kunstharze und Wasserfarben ein einkalkuliertes Eigenleben. Böniger gibt dem Beiläufigen Gewicht und stiftet zum bewussten Hinsehen an – das kommt wiederum auch der Architektur zugute.

Kulturraum am Klosterplatz, St. Gallen, Nicole Böniger, Markus Müller: Nach der Garderobe, 17.8. – 14.10.2012