Kunst auf Reisen

by Kristin Schmidt

Der St. Galler Beni Bischof und sein Künstlerkollege Hadrien Dussoix aus Genf sind in einer Doppelausstellung in der Galerie Paul Hafner zu sehen. Beide Künstler haben eigens dafür neue Rauminstallationen entwickelt.

Die Neuen Wilden: Wenn diese Kategorisierung nicht schon in den 1980er Jahren vergeben worden wäre, sie liesse sich gut auch auf Hadrien Dussoix und Beni Bischof anwenden. Beide proben sie in medialen Grenzüberschreitungen einmal mehr den Ausstieg aus dem Bild. Das ist zwar weder neu noch radikal, doch die beiden Künstler gehen erfrischend unbefangen ans Werk. Abstecher in die Populärkultur, gesellschaftliche oder sprachliche Tabubrüche und künstlerische Grenzüberschreitungen werden zu Installationen verknüpft, die komplexer sind, als es zunächst scheinen mag. Beide wurden sie eigens für die aktuelle Ausstellung in der Galerie Paul Hafner entwickelt und zeigen zwei eigenständige und ihrem unkonventionellen Umgang mit etablierten Gattungen doch verwandte Positionen.

Beni Bischof entwirft für sein Gemälde „Portrait of a Star“ eine sehr anschauliche Vergangenheit und Provenienz. Er präsentiert das fotografische und filmische Reisetagebuch inklusive enthusiastischer Kuratorenkommentare. Das Bild selbst, ein rot-pastoser Farbmorast in den ein schelmisches schwarzes Grinsen hineingegraben ist, ist weder Zentrum noch Anlass der Installation, sondern selbstverständlicher Teil einer Demontage des Kunstbetriebs. Bischof platziert sein Bild in prominenten Ausstellungen an der Seite Pollocks oder Motherwells, drückt es Muammar al-Gaddafi in die Hand und dem Dalai Lama in die Arme. Er lässt namhafte Kuratoren Grüsse aus Übersee übermitteln, die im selben Moment ad absurdum geführt werden, da sie mit dem Stift auf die Wand gekritzelt sind.

Die Kunst wird gefeiert, nur dass das Fest längst die Kunst abgehängt hat. Wo andere mit Furor und erhobenem Zeigefinger unterwegs sind, geht Bischof lustvoll daran Künstler- und Kunstmarktträume zu unterwandern. Sein Westschweizer Künstlerkollege Hadrien Dussoix setzt andere Akzente. Seine Installation inszeniert Gegensätze und Entsprechungen. Auf einer grossflächig mit roter Farbe bemalten Wand mit punktförmigen Auslassungen hängt ein schwarzfarbiges Gemälde im selben Punkteraster, aber am unteren Rand scheinbar unvollendet und mit vereinzelten roten farbspuren durchsetzt. Die tapetengleiche Regelmässigkeit wird zudem unterwandert durch Tropfspuren, die wiederum in den Spraybildern ihr Gegenstück finden. Dort sind sie jedoch nicht das schon klassisch gewordene Merkmal der Arbeit mit dem Pinsel, sondern verweisen auf die intensiv aufgetragene Sprühdosenfarbe. In diesen Bildern bleibt Dussoix linear und setzt somit Bezüge zu seinen typografischen Malereien mit Lack auf Acryl. Die Lineaturen formen sich zu Buchstaben, während sie in den Gemälden barocker und Renaissanceinnenräume der Wiedergabe der reichen Verzierung der Böden, Decken und Wände entspringen und sich in der Abstraktion von Grund und Motivation befreien.

Obwohl die Räume zentralperspektivisch dargestellt sind, löst sich die gebaute Struktur in einem All-Over-Effekt auf. Gleichzeitig lenken die zum reinen, nicht mehr architektonisch gebundenen Ornament verwandelten Schnörkel den Blick auf das Objekt „The End of the World“ in der Mitte des Ausstellungsraumes. Styroporverpackungen und Bauschaum wurden in Aluminiumguss umgesetzt. Der stumpfe Grauton harmonisiert die Ausgangsmaterialien und -formen. Nun muss man nicht so weit gehen, die Bauschaumverschlingungen als Verweise auf Laokoons Schlangen zu deuten, aber die Bezüge, die Dussoix zur Kunstgeschichte herstellt sind vielseitig und nicht zu übersehen. In dieser Eigenschaft treffen sich seine Werke einmal mehr mit jenen Beni Bischofs.