Aus drei mach eins

by Kristin Schmidt

Marcelo Pereiros aktuelles Stück verbindet Salsa, Tango und zeitgenössischen Tanz zu einer sehenswerten Mischung. Getanzt wird es von Schülerinnen und Schülern seiner Tanzschule.

Salsa, Tango und zeitgenössischer Tanz zur selben Zeit auf derselben Bühne – funktioniert das? Sehr gut sogar, wenn Marcelo Pereira die Choreografie entwickelt hat.

Der brasilianische Tänzer und Choreograf ist in St. Gallen längst kein Unbekannter mehr. Dreissig Jahre lang stand er auf internationalen Bühnen und einige davon auf der des Stadttheaters St. Gallen. Dann war es Zeit für ein neues Projekt: Vor drei Jahren gründete der Tanzkünstler „Marcelo´s Move“, seine eigene Tanzschule. Nun stehen seine Schüler und Schülerinnen in einem eigens entwickelten Stück auf der Bühne – gemeinsam mit Pereira.

„Molambo“ schafft die Synthese dreier Tanzstile, die auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben und sich doch gegenseitig durchdringen und bereichern. Der zeitgenössische Tanz etwa bricht die Bewegungsabläufe des Salsa auf und verleiht ihm neue Akzente. Der sinnlich elegante Tango gewinnt an Tempo und bewahrt sich doch seine Intimität. Letztere strahlt wiederum auf den zeitgenössischen Tanz aus.

Das Nebeneinander, Nacheinander und Miteinander der Stile bringt den Charakter der Bewegungen zum Sprechen. Den Paarkonstellationen zu Beginn des Stückes folgen synchrone, energiegeladene Bewegungsbilder, die wiederum von Salsa- und Tangoszenen abgelöst werden. Dann wieder erobert der zeitgenössische Tanz mit raumgreifenden, spannungsvollen Gesten die gesamte Bühne. Immer wieder wechseln die Tänzer das Genre und bringen ihre individuelle Dynamik, ihre Leidenschaft ein. Ihre grossartige Körperarbeit lässt rasch vergessen, dass hier bis auf Pereira keine Profis tanzen. So eine gemeinsame Aufführung kann durchaus ihre Tücken haben, doch das Experiment gelingt. Marcelo Pereira zeigt in einem Solopart seine Virtuosität und lässt dann wieder seinen Schülerinnen und Schülern grosse Aufmerksamkeit zukommen. Er lässt ihnen Raum und so können sie dank hoher Bewegungspräzision selbst im Duett mit ihrem Lehrer überzeugen. Da ist es mitunter beinahe schade, dass die mit Tüchern verhängten Rahmen im ersten Teil des Stückes immer wieder den Blick behindern. Andererseits gliedern sie den Raum und bieten Anlass zur Interaktion, bis sie schliesslich ganz abgenommen und zu kleinen Bühnen auf der Bühne verwandelt werden.

Immer wieder strukturieren solche Gestaltungsideen das Stück. Mal sind es Stühle, mal Fächer, mal drehen sich die Tänzerinnen mithilfe elastischer Tücher in den Raum. So beleben sie beispielsweise einen Salsapart, der im Kontrast zum emotionsgeladenen Tango und zum dem energetischen zeitgenössischen Tanz sonst rasch monoton wirken würde. Für Abwechslung sorgt auch die Musik, deren Spektrum von lateinamerikanischen Rhythmen bis zu klassischen Klavierstücken reicht. Die Übergänge sind fliessend und werden von den Tanzenden ebenso mühelos bewältigt wie der Wechsel zwischen High Heels, barfuss oder Turnschuhen, die im zweiten Teil des Abends noch einen besonderen Auftritt haben.

Dieser Part des Stückes will die Lebensfreude feiern. Zu Beginn tragen die Tänzer farbenfrohe Kleidung, Musik wird frei und spielerisch interpretiert. Aber auch hier kommen bald ernstere Töne ins Spiel. Schliesslich verdichtet sich alles zu einer heterogenen Sequenz, bis das Auge kaum mehr folgen kann und sich alles in Einzelheiten auflöst. Die Stärken des Stückes liegen hingegen dort, wo die Stile sich ergänzen und voneinander profitieren, wo der Fokus auf den Tänzerinnen und Tänzer liegt und klassische Rollenbilder aufgebrochen werden, dort wo aus der Summe der sorgfältig inszenierten Details ein stimmiger Gesamtklang hervorgebracht wird – all das gelingt mit „Molambo“.