Frauen feiern und fordern.

by Kristin Schmidt

Das Frauenmuseum Hittisau im Vorarlberg zeigt eine Ausstellung anlässlich des Frauentagsjubiläums. Sie dauert bis zum 101. Frauentag.

Es ist beinahe schon ein Muss: Im Jubiläumsjahr des Internationalen Frauentages zeigt das Frauenmuseum Hittisau die Ausstellung „Kämpfe. Feste. 100 Jahre Frauentag“. Das dabei die Kämpfe an erster Stelle stehen, ist selbstverständlich kein Zufall und nicht nur der Geschichte, sondern auch der aktuellen Situation geschuldet. Doch von Anfang an:

Zu Beginn des Tages der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden, wie der Anlass mittlerweile heisst, stand die Forderung nach dem Frauenstimmrecht. Dieses war schon im 19. Jahrhundert das zentrale Anliegen der ersten nationalen Frauenkampftage in den USA. In Europa wurde erste Frauentag am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz gefeiert. Das heute geläufige Datum wurde erst 10 Jahre später fixiert und soll an die Streiks der Arbeiterinnen, Soldatinnen und Bäuerinnen in St. Petersburg am 8. März 1917 erinnern.

Das Frauenwahlrecht war das beherrschende, aber nicht das einzige Thema der ersten Jahre. Auch der Kampf gegen Militarismus und Krieg war von Anfang an bestimmend, ebenso die Vernetzung der Frauen und die Verbesserung der Lebenssituation der Frauen und Mütter. Manches hat sich geändert, vieles ist bis heute wichtig. Da die gezeigten Exponate in der Hittisauer Ausstellung nicht nur chronologisch, sondern auch thematisch geordnet sind, werden drei Schwerpunkte des Kampf-, Gedenk-, Nachdenk- und Feiertages sichtbar und lassen sich gut mit der heutigen Situation vergleichen. Dass sie in der Mehrzahl spezifisch österreichisch sind, tut der Sache keinen Abbruch. Forderungen nach Gleichberechtigung in Gesellschaft und Familie sowie nach beruflicher Gleichstellung wurden und werden von verschiedenen institutionellen und autonomen Akteurinnen an die Öffentlichkeit getragen. Das Wahlrecht konnte in manchen Ländern früher, in der Schweiz erst 1971 aus dieser Rubrik gestrichen werden, die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Leistung ist dagegen seit einem Jahrhundert aktuell geblieben. Der Ruf nach Frieden war mal lauter, mal weniger dominant zu hören und durchlief manchen Bedeutungswandel. In den Nachkriegszeiten und während des Kalten Krieges war der Frieden die Abwesenheit von Krieg, später meint er umfassender die Abwesenheit von struktureller und individueller Gewalt gegen Menschen. Daneben steht als dritter Schwerpunkt die Integrität des weiblichen Körpers heraus. Dazu gehört auch die Diskussion um die Fristenlösung, die bereits in den 1920er Jahren zur Sprache kommt.

Was im Hittisauer Museum so übersichtlich und gut dokumentiert daherkommt, bedingte so manchen Gang durch die Archive – von der Nationalbibliothek bis zur kleinen privaten Sammlung. Zusammengetragen wurden Fotos, Dokumente und Plakate. Letztere sind dabei das einzige Medium, dass nahezu lückenlos erhalten geblieben ist. Auch das Motiv für die Ausstellung entstammt einem Plakat – 1928 ist es die Sonne des Sozialismus, die das ikonenhafte Gesicht gleich einem Heiligenschein umgibt. Es sind Schutzmasken der Demonstrantinnen zu sehen, lilafarbene Accessoires der Achtziger, das Hausbuch eines Frauenhauses, Ton- und Filmdokumente und zahlreiche Presseartikel, die eindrücklich die Aussenwirkung der Demonstrantinnen zeigen.

Ein kleinerer separater Teil dieser ursprünglich im Wiener Volkskundemuseum gezeigten Ausstellung widmet sich dem Vorarlberg. Noch immer ist es das Bundesland mit den grössten geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede, die sich im Vergleich früherer Jahre sogar noch vergrössert haben. Noch 1983 ist in einer Studie zu den Lebenserfahrungen vorarlberger Frauen zu lesen: „Jo, a Moadle, für was brucht die was lerna, sie hürotet eh.“

Auch wenn dieses Argument knapp dreissig Jahre später kaum mehr zu hören sein dürfte, bleiben dem Frauentag noch viele Themen. Und wer weiss, vielleicht läuft er dem Muttertag dereinst doch noch den Rang wieder ab. In der Mongolei ist der Frauentag einer der drei wichtigsten Feiertage im Jahr.