Wiedersehen

by Kristin Schmidt

‹Ausgang als Ausweg› — der Titel von Philipp Eglis aktuellem Stück hätte auch als Motto seines Ausstiegs beim Theater St.Gallen stehen können. Jetzt kommt er mit ihm nach St.Gallen — in die Lokremise.

Als Egli im Jahr 2008 den Entscheid traf, auf 2009 die künstlerische Leitung der Tanzkompanie Theater St. Gallen abzugeben, war immer wieder auch die Rede von der Lokremise: Der verzögerte Umbau belaste die Tanzsituation in St. Gallen sehr.

War der Weggang Eglis — er folgte einem Ruf an die Zürcher Hochschule der Künste — nötig?
Auf jeden Fall war es ein Puzzlestein im Vorfeld der positiven Entscheidung für die Lokremise. Es war ein Zeichen, das der Tänzer und Choreograf setzte, ein Zeichen, das ihn jetzt stolz macht, Mitauslöser gewesen zu sein: Ein gutes Jahr später, nachdem Philipp Egli das Theater St. Gallen verlassen hatte, wurde die Lokremise eröffnet.
Und Philipp Egli bleibt ihr treu.

Sechs Jahre, nachdem er die Lokremise mit dem ‹Raumgriff IV› entdeckte, dort ‹schlafende Hunde weckte›, ist er nun wieder da mit seinem neuen Stück: ‹Ausgang als Ausweg›. Es feierte bereits im April in Zürich Premiere, entwickelt wurde es jedoch von Anfang an auch für die Lokremise, den Ort, der Egli nach wie vor ans Herz gewachsen ist. ‹Ich freue mich auf die Lokremise und auf die Chance, ein Stück ohne eine Kompanie machen zu dürfen.› Ein Stück, mit zwei Tanzenden, einer davon ist Egli selbst, die andere Kuan Ling Tsai aus Taiwan.

Das Stück thematisiert die komplexen Geflechte einer Beziehung. Was bedeutet es, sich zu verstehen, was, sich zu verlieren? Wo fängt eine Beziehung an, wo hört sie auf, was gehört zu ihr? Wie weit können oder müssen zwei aufeinander zugehen, um sich zu finden? Es geht um Konflikte und Konzentration, um das Alleinsein und um die Zweisamkeit. Letztere findet ihre Entsprechung nicht nur in der Anzahl der tanzenden Akteure, sondern auch der
Musiker. Das St. Galler Klavierduo Ute Gareis und Klaus-Georg Pohl begegnet dem Tanz musikalisch. Die beiden Pianisten werden zu Mitstreitern oder Gegenspielern, setzen Kontraste und formen Stimmungen mit.
Dazu kommt eine dritte Ebene: Projektionen kommentieren das Spiel. Bewegungsabläufe werden gedoppelt und verstärkt, um dann im Video wieder zu verblassen. Was bleibt, ist die Präsenz der Tänzer. Einmal mehr zeigt Egli statt des klassischen Guckkastentheaters eine lebendige Produktion. Damit nicht genug, im Rahmen von ‹Tanzplan Ost› ist er in diesem Dezember gleich nochmal auch als Tänzer zu erleben: in der Produktion ‹Les Affluents› des renommierten Tanzpädagogen und Choreografen Philippe Saire. Philipp Egli wird dort einer der acht Tanzenden sein.

Schön, dass du wieder hier bist, Philipp.

LOK Zeitung No. 2 (Dezember, Januar, Februar 2011)