Geistreich und Unbefangen

by Kristin Schmidt

In der Grabenhalle zeigt die 3 x 1 Tanzkompanie die aktuelle Abschlussproduktion des Contemporary Dance Study Program. Von Jazz bis Elektronik, von Beethoven bis Balkan Beats reicht das musikalische Spektrum an diesem Abend.

Ein Tanzabend, wie er abwechslungsreicher kaum sein könnte: „mannschaft“, die aktuelle Produktion der 3 x 1 Tanzkompanie, ist mehr als die Summe einzelner Szenen. Unterschiedlichste Choreographien von fünf Choreographen sind unter der konzeptuellen Leitung der New Yorkerin Leda Meredith zu einem stimmigen Gesamtwerk verwoben.

Musik und Kostüme könnten heterogener kaum sein, doch alles fügt sich mühelos zueinander. Dass dies funktioniert, ist insbesondere der Präsenz der sieben Tänzerinnen zu verdanken. Marula Eugster, Karin Hollenstein, Carina Huber, Selina Minder, Aurelia Steinemann, Maria Walser und Fabienne Zubler bringen nicht nur ihr tänzerisches Können, sondern ihre Ausstrahlung und ihr ganzes Wesen ein. Hier wird mit Leib und Seele getanzt – ganz gleich, ob Absolventin des Contemporary Dance Study Program der Danceloft oder Studentin im ersten Jahr an der Rorschacher Ausbildungsstätte.

Das Anfangsstück des Abends feiert unbefangen die Freude an der Bewegung. Statt Bilder oder Inhalte zu vermitteln, sind die Tänzerinnen in Tops und Minis ganz im hier und jetzt. Sie tanzen in vielfältigen Kombinationen, Gruppen und Paaren, synchron, in Kreisformationen oder einzeln, machen neugierig auf alles, was noch kommen mag.

Nahtlos geht es weiter, nur die Geschlechter wechseln mit Hilfe von Schiebermützen und Knickerbockern. Zu Klängen von Paolo Conte werden die guten alten Zeiten heraufbeschworen, Petticoatkleidchen inbegriffen. Dies alles geschieht mit einem Augenzwinkern – die Tänzerinnen geben die Gassenjungen ebenso leichtfüssig wie spitzbübisch. Dafür dürfen sie im nächsten Stück umso weiblicher sein. Zunächst werden ganz in schwarz ernstere Töne angeschlagen, die sich im Tanz um und in vielfarbigen Kleidern wieder auflösen. Es folgt eine Tanzsequenz wie ein Sommertag, mit wehenden Röcken zur Musette. Hier wie auch in allen anderen Stücken können die jungen Frauen in einzelnen Sequenzen immer wieder zeigen, dass sie bereits als Solistinnen auf der Bühne bestehen können.

In besonderer Erinnerung wird vielen der Besucher in der vollbesetzten Grabenhalle wohl die aussergewöhnliche Choreographie zu Beethovens Septett in Es-Dur bleiben, hier in einer Trioeinspielung. Rund um ein rotes Sofa – es ist das einzige Requisit des Abends – wird rumort, geruht, gerastet, werden Arbeitsabläufe und Teamsituationen simuliert. Drei Tänzerinnen in Werkarbeiterlatzhosen agieren miteinander, nebeneinander oder gegeneinander in spannend inszenierten Bewegungsabläufen, die im Hechtsprung über das Sofa kumulieren. Und selbst das Versorgen des Sofas wird noch kreativ in einen Tanzakt verwandelt. Einmal mehr zeigt sich, dass zeitgenössischer Tanz durchaus witzig, geistreich und unbefangen daherkommen kann. Das gilt auch für das letzte Stück des Abends. In hohem Tempo und Alltagskleidung laufen die Tänzerinnen zu Höchstform auf. Der Spass an den Zitaten aus populären Tanzformen, dem Partydance oder Alltagsgesten, an den schnellen Rhythmen und Bewegungen ist den sieben ins Gesicht geschrieben. Mühelos reissen sie das Publikum mit, so mancher Fuss begleitet wippend die Balkan Beats.

Die Choreographinnen und Choreographen Julia Feldhammer aus St. Gallen, Anne Sophie Fenner aus Zürich, Richard Havey aus Las Vegas sowie Pascal Rekoert und John Brooks aus New York haben gemeinsam mit Leda Meredith und den Tänzerinnen Stücke entwickelt, die es den Tänzerinnen erlauben, sie selbst zu sein. Statt Perfektion zählt hier die lebendige Atmosphäre, die Begeisterung für den zeitgenössischen Tanz.