Ein Kartenständer voller Träume

by Kristin Schmidt

Im Zusammenhang mit der Ausstellung «Sehnsucht Süden» dürfen Kinder im Kunstmuseum Postkarten zum Thema Ferien gestalten. Das Projekt ist eingebunden in das museumspädagogische Angebot des Hauses.

Den Sonnenuntergang fürs Grosi? Oder lieber das Grand Hotel? Und den Glockenturm für Onkel Ueli? Fürs Götti mal etwas Ausgefalleneres? Aber was?

Im Sommerurlaub ruft sie wieder, die selbstauferlegte Pflicht: Selbst jene, die im Alltag nur noch mit Tastatur und Touchpad kommunizieren, greifen zu Stift und Karte. In fünfsechs Zeilen versichern sie den Lieben daheim, wie schön es ist, nicht daheim zu sein.

Aber was, wenn einem das Kartensortiment am Ferienort zu kitschig, zu altmodisch oder zu nichtssagend ist? Im Kunstmuseum St. Gallen gibt es Abhilfe. Passionierte Kartenschreiber können sich dort schon vor den Ferien mit Postkarten eindecken, die so richtig Urlaubslaune verbreiten.

Die Auswahl ist gross. Da gibt es Klassiker wie den Strand und den Sonnenuntergang, aber auch Unterwasserszenen, eine grinsende Sphinx, Kühe, Zelte, Urwaldtiere und für besonders langfristig Planende auch Schneesportfreuden.

Für einen Fünfliber ist eine jede Karte wohlfeil, denn ihr Erwerb dient einem guten Zweck. Das Geld aus dem Verkauf spendet das Kunstmuseum dem Kinderhilfswerk Kovive. Kovive lädt Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen dazu ein, bei Gastfamilien und in Ferienlagern in der Schweiz unbeschwerte Ferien zu verbringen.

Mit selbstgestalteten Postkarten setzen sich nun St. Galler Kinder selbst für ihre Altersgenossen ein. Sie zeichnen, malen, kleben, drucken. Sie bringen ihre eigenen Ferienträume ins DIN A6-Format und spenden sie hernach für den Verkauf im Kunstmuseum. Hier werden nicht nur die Blankokarten zur Verfügung gestellt, rückseitig wie die Pendants aus dem Strandkiosk mit Adresslinien und Urhebervermerk bedruckt, sondern das Team des Kunstmuseum entwickelte auch das Gesamtkonzept: Die Postkartenaktion ist eingebunden in das museumspädagogische Programm zur aktuellen Ausstellung «Sehnsucht Süden» – ein Thema, bei dem die meisten Kinder einen Anknüpfungspunkt finden und eine Brücke zum eigenen Erleben schlagen können. Warum fahren wir in die Ferne? Womit fahren wir? Wie fühlt es sich an, woanders zu sein? Fragen aus der Lebenswelt der Kinder stellen den ersten Bezug zu den ausgestellten Werken her und lassen sich weiterdenken. Warum fahren Künstler in die Ferien? Was suchen sie an einem Ort so anders als der, an dem sie daheim sind? In den dialogischen Führungen nähern sich die Kinder den Arbeiten von Roman Signer, Christoph Rütimann, Claude Monet oder Michael Bodenmann an und machen ganz eigene Entdeckungen. Es gibt kein richtig und kein falsch, stattdessen werden das genaue Sehen, die Phantasie und der kreative Ausdruck gefördert. In diesem Zusammenhang steht auch die Postkartenaktion. Es geht nicht darum, das Erarbeitete zu repetieren, sondern den eigenen Ferientraum zu Papier zu bringen. Dies kann auch völlig unabhängig von einer Führung geschehen, denn die Blankokarten liegen im Museum an einem eigens eingerichteten Arbeitstisch oder zum Mitnehmen aus. Die fertigen Postkarten hingegen locken im Kartenständer ihre Käufer oder bei der Auktion im Rahmen des Internationalen Museumsfestes am 15. Mai 2011 um 16 Uhr.