St. Gallen: Zu Hause auf der Strasse

by Kristin Schmidt

Ist Kunst von Obdachlosen anders zu bewerten als das Werk eines Künstlers mit Atelier und Wohnsitz? Falls ja, warum? Wie wirkt sich die Arbeitsumgebung, die soziale Aussenseiterposition auf die Inhalte aus und auf formale Aspekte?

Diese Fragen stellen sich im Museum im Lagerhaus in St. Gallen auch deshalb, weil Naive Kunst und Art Brut den Schwerpunkt des Museumsprogramms bildet und sich somit bereits Kategorisierungen aufdrängen. Gleichzeitig zeigt sich, wie wenig sich das Ausgestellte in irgendwelche Schubladen einordnen lässt. Das Spektrum reicht von traditionellen Tafelbildern über Zeichnungen auf Blankobierdeckeln bis hin zu Experimenten mit den neuen Medien, wie etwa Bobby Moors Arbeiten mit der Handykamera. Zu sehen sind genaue Beobachtungen des städtischen Lebens wie auch differenzierte Blicke ins eigene oder fremde Ich. Nina Wilds Aufnahmen der Notschlafsstellen beispielweise bestechen durch ihre dokumentarische und dennoch intime Sicht auf Habseligkeiten und Umgebung.

Im Zentrum der Präsentation steht Beate Stanislau, eine ehemalige DDR-Künstlerin. Nur ein Bruchteil ihrer Bilder und Schriften sind ausgestellt. Der grosse Rest harrt einer weiteren Aufarbeitung, sorgfältig verpackt in Kartonschachteln, die als Zeugnis eines kompromisslosen Lebens ebenfalls ausgestellt sind.

Bis 10.07.2011