Mein Freund, der Bananenbaum

by Kristin Schmidt

Kuska Cáceres und Martin Kaufmann bringen in der Grabenhalle das Stück «Saku-Chan» auf die Bühne, das gleichzeitig Theater, Musical, Kabarett, Tanz und Konzert ist.

Das Leben ist kein Zuckerschlecken. Der Bruder nervt, die Mutter keift und der Vater ist längst über alle Berge. So kann ein Teenageralltag aussehen. Oder so: Die Wohnung zu klein, der Traumprinz nicht in Sicht und der beste Freund ein Bananenbaum. Manchmal kommt auch alles zusammen. Kuska Cáceres erspart der Hauptfigur ihrer jüngsten Produktion nur wenig. Erzählt wird die Geschichte der 18-jährigen Saku-Chan, ihr tägliches Leben zwischen der Arbeit im Café, der Enge des Familienlebens und den Traumwelten der jungen Frau.

Ausgangspunkt des Stücks war der Roman «Amrita» von Yoshimoto Banana. Die japanische Schriftstellerin erzählt darin von einer Familie, zusammengehalten durch die Trauer um einen geliebten Menschen. Das Wissen um jenes Buch ist jedoch keineswegs Voraussetzung für den Abend in der Grabenhalle, für «Saku-Chan – eine Reise zwischen Traum und Wirklichkeit». Die hauptsächliche Gemeinsamkeit zwischen der Romanfigur und der Geschichte auf der Bühne ist ihr Handlungsort Japan. Doch Handlung und Figuren wurden von Kuska Cáceres erfunden oder unseren Breitengraden angepasst.

Cáceres, freischaffende Schauspielerin, Tänzerin und Tanzpädagogin aus Zürich, und Martin Kaufmann, Musiker und Schauspieler ebenfalls aus Zürich, schlüpfen in sämtliche Rollen – ob Grossmutter, Väter, Nachbarn oder gar Bananenbaum. Requisiten werden nicht viele gebraucht, das Stück lebt von der lebhaften Interaktion der Schauspieler und der Livemusik; letztere ist beider besondere Stärke. Wo an anderen Stellen das Geschehen mitunter zum Klamauk gerät, finden sie hier zu sich, gönnen dem Stück Ruhepausen und öffnen seinen geistigen Raum weit über die Grabenhalle hinaus. Leider wird dieser Perspektivenwechsel schnell unterbrochen, wenn das Publikum zum Mitsingen animiert wird.

Es beginnt mit «Es war einmal» märchenhaft, um sich schnell ganz zeitgenössisch zu geben. Der Einstieg in den Abend wird als Findungsprozess inszeniert. Cáceres und Kaufmann beginnen mit der Suche nach dem richtigen musikalischen Auftakt und landen über verschiedene Stilrichtungen dann beim Rap.

Hier und an einigen anderen Stellen wird deutlich, dass man sich vor allem an ein junges Publikum richtet. Das Stück, das auch an Schulen aufgeführt werden soll, behandelt die klassischen Themen der Jugend. Angefangen von alltäglichen Nöten, vom Schuleschwänzen, Geschwisterzwist und den üblichen Konflikten mit den Erwachsenen über Partnersuche bis hin zur Berufswahl.

Allerdings beschränkt sich Cáceres nicht darauf, diese Dinge zu thematisieren. Sie möchte Handlungsoptionen aufzeigen oder zumindest Denkanstösse geben: Ein schöner Ansatz ist es, die Personen über ihre Träume zu charakterisieren. Doch wie verhält es sich mit deren Realisierbarkeit? «Saku-Chan» nimmt die Illusion von der Freiheit und reflektiert statt dessen über die Navigation des Lebens: Jedem seinen Guide, seinen Fahrplan. Das Publikum bekommt am Schluss des Stücks den Satz mit auf den Weg, das selbiger immer gesucht werden müsse. Und zum Glück bleibt für jeden offen, ob er es mit oder ohne Orientierungshilfe versucht.