Neue Werke, neue Sammlung

by Kristin Schmidt

Die St. Galler Kantonalbank baut eine neue Kunstsammlung auf. Der Anfang ist getan mit den Ankäufen zur Ausstattung des neuen Hauptsitzes in St. Gallen.

Im Hauptsitz der St. Galler Kantonalbank an der St. Leonhard-Strasse hat sich viel getan. Seit einiger Zeit ist die neugestaltete Eingangshalle zugänglich. Und auch wer keine Bankgeschäfte zu erledigen hat, sollte einen Blick in das Gebäude werfen, denn dort findet sich ein engagiertes Kunstprogramm. Zwei grosse Installationen wurden im Zuge des Umbaus im Foyer realisiert und haben nun dort dauerhaft Platz gefunden. Als Erstes werden die Blicke durch Alex Hanimanns Leuchtobjekt angezogen.

Der St. Galler Künstler ging als Sieger eines Wettbewerbes für die Ausgestaltung des neuen Innenhofes hervor und entwickelte für diesen Ort eine Skulptur aus Neonschlaufen. Hoch oben zwischen den spiegelnden Fassaden schwebt sie mehr, als dass sie hängt. Die weiss leuchtenden Bänder verschlingen und verwirren sich, schwingen und ballen sich. Das Auge findet keinen Anfang und kein Ende. Es ist nur eine einzige, endlose Linie, die sich da zu einer grossen Kugel aus Licht formt. Harmonie und Chaos treffen auf eindrückliche Weise zusammen. Dies setzt sich fort in den unzähligen Reflexionen des Werkes in den Fensterscheiben. Die Kugel vervielfältigt sich, wird verzerrt und von sich selbst überlagert. Je nach Tageslicht schimmert das Licht diffus oder deutlich akzentuiert vor dem Nachthimmel.

Alex Hanimanns Werk wirkt immer wieder anders und ist durch seinen metaphorischen Gehalt zugleich weit mehr als nur attraktiver Blickfang. Weniger auffällig und dennoch prägnant ist die zweite für den Innenhof gestaltete Arbeit: Silvie Defraoui bespielt mit «Next» die beiden Lifttürme des Bankgebäudes. Die vier Buchstaben des titelgebenden Wortes stehen auf den einander gegenüberliegenden Seiten der Aufzugskonstruktion. Während das «e» und das «t» im Erdgeschoss mühelos zu entziffern sind, müssen die sich von der 1. bis zur 5. Etage erstreckenden «N» und «X» entdeckt werden. Daneben ist immer auf der Hälfte der Stockwerke an den Glaswänden die Ziffer «5» zu lesen. Defraoui spielt mit den Regeln und Funktionen. Ihre Beschriftungen sind präzise, aber nur bedingt bezogen auf die vorhandene Struktur. Sie schafft ein neues, die Funktionalität konterkarierendes System, eine Ordnung abseits der Ordnung, und dies ausgerechnet in einer Bank.

Die zwei Werke im Lichthof sind nur der allen zugängliche kleine Teil der neuen Sammlung der St. Galler Kantonalbank. Die Umgestaltung des Hauptsitzes war der Anlass, über eine richtige Kunstsammlung nachzudenken und ein Konzept zu entwickeln. Denn bisher bestand der Fundus aus mehr oder weniger zufällig und dezentral zusammengetragenen Objekten ganz unterschiedlicher Provenienz und Qualität. Neu hat eine eigens gegründete vierköpfige Kunstkommission den Auftrag, wichtige künstlerische Positionen mit St. Galler Bezug anzukaufen, das heisst Werke von Künstlerinnen und Künstlern, die in St. Gallen geboren sind, hier leben oder gelebt haben.

Der Grundstock wurde neben den Installationen von Silvie Defraoui und Alex Hanimann jetzt gelegt mit Werken von Nicole Böniger, Mark Staff Brandl, Ingo Giezendanner, Rolf Graf, Peter Z. Herzog, Regi Müller, Marianne Rinderknecht, Stefan Rohner, Loredana Sperini, Hans Thomann und Christian Vetter. Die Künstlerinnen und Künstler wurden eingeladen, Vorschläge für eines der Besprechungszimmer der Bank zu unterbreiten. Die Arbeiten könnten unterschiedlicher nicht sein und haben doch eines gemeinsam: Ob Gemälde, Fotografien, Zeichnungen, Collagen oder Objekte, es sind sorgfältig ausgewählte Werke, mit denen der neue Qualitätsanspruch der Sammlung gut ersichtlich wird.