Schweiz in der Schachtel

by Kristin Schmidt

Das Architekturforum widmet seine aktuelle Ausstellung dem Thema Landschaftsarchitektur Schweiz.

Was ist gute Landschaftsarchitektur? Welchen Anforderungen muss zeitgenössische Landschaftsarchitektur genügen? Welche Besonderheiten weist Schweizer Landschaftsarchitektur auf? Das sind komplexe Fragen, die Antworten sind es ebenso. Und dennoch ist die Sache so kompliziert nicht, wenn sie mit inhaltlich und visuell überzeugendem Konzept untersucht wird, wie die von Claudia Moll kuratierte Ausstellung mit dem Titel »Spezifisch – Landschaftsarchitektur aus der Schweiz» – zeigt.

Die Präsentation ist derzeit im Ostschweizerischen Architekturforum zu sehen und unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von einer der mitunter etwas trockenen, weil nur aus Planmaterial bestehenden Architekturausstellungen: alle Projekte auf gleichformatigen Blättern vorgestellt, eine Mischung aus Plänen, Bildern und etwas Text. Doch spätestens beim zweiten Rundblick durch den Raum fallen acht mit zarten schwarzweissen Bildern bedruckte Blätter auf und damit die erste Besonderheit der Ausstellung.

Die Bilder – darunter eine Mühle, ein Tatzenabdruck und ein Schlauchboot – repräsentieren die Kapitel der Ausstellung: Berührung, Bewegung, Laub, Rot, Spur, Rau, Überschwemmung, Stille. Wie inspiriert die Illustrationen der Zürcher Journalistin und freien Autorin Kaa Linder sind, mag dahingestellt bleiben, aber sie sorgen für gut sichtbare Unterbrechungen im Parcours.

Fast alle vorgestellten Projekte sind den einzelnen Oberbegriffen zugeordnet, zum Teil auch mehreren Themen gleichzeitig. Mitunter wirkt die Kategorisierung etwas willkürlich, doch das beeinträchtigt die Qualität der Ausstellung nicht. Es ist ohnehin so, dass die Themen die Projekte weniger interpretieren als vielmehr einen Anstoss geben, sie genauer anzusehen, auf bestimmte Fragestellungen und Ansprüche hin zu prüfen und vielleicht sogar Lust auf eine Ortsbegehung machen. Jedes Projekt ist mit einem kurzen Text, knappen Standort- und Urheberinformationen, einem Statement des jeweiligen Architekturbüros und Fotografien vorgestellt. Wobei eine Fotografie jeweils auf dem Kopf steht und somit auf zwei weitere gutdurchdachte Details der Ausstellung verweist: Jedes Projektdatenblatt entspricht den 1:25 000er-Landestopographiekarten der Schweiz – sowohl in seinen Dimensionen, als auch in der Faltung.

Somit wird einerseits klar, dass Landschaftsarchitektur etwas mit Landschaft, aber auch mit dem Land zu tun hat. Denn in der Schweiz gibt es ganz besondere, also laut Ausstellungstitel spezifische Konzepte, bedingt etwa durch die Lage in den und nahe der Alpen und den damit zusammenhängenden Mythen, Bilder- und Gedankenwelten, durch ein lange gewachsenes Umweltbewusstsein oder auch durch die räumliche Enge. Andererseits ermöglicht es die einheitliche Grösse und Faltung der 40 Projekt- sowie der acht Kapitelblätter und der einführenden Texte zur Ausstellung, alles in einer praktischen Box unterzubringen, was Kapitel und Zuordnungen sofort erkennen lässt; eine Ausstellung in und aus der Schachtel sozusagen.

Eine Ausnahme bilden die 13 Ostschweizer Projekte. Als die Regionalgruppe des Bundes der Schweizer Landschaftsarchitekten sich zur Übernahme der Schau entschied, entstand der Wunsch, das Schaffen im Schweizer Osten stärker zu beleuchten. Und so wurden nachträglich ausgewählte Projekte der Region mit in die Ausstellung aufgenommen. Sie sind dadurch zwar weder in der Box vertreten noch bestimmten Kategorien zugeordnet, aber dafür gewissermassen exklusiv in der St. Galler Station von «Spezifisch» zu sehen. Und: Am 31. Mai gibt es zusätzlich eine «Landschaftsarchitektour» zu ausgewählten Gärten der Ostschweiz.