Bademoden in Öl

by Kristin Schmidt

Die aktuelle Ausstellung in der Galerie Paul Hafner zeigt einen kleinen Ausschnitt der Arbeit des österreichischen Künstlers Ronald Kodritsch. Mal hintergründig exotisch, mal derb und frivol, doch immer sehenswert.

Der Kontrast könnte schärfer nicht sein: St. Gallen liegt im grauen, dunklen Herbstregenwetter. Doch in den Räumen der Galerie Paul Hafner herrscht Urlaubsstimmung. Ronald Kodritsch hat die Südsee in die Ostschweiz gebracht. Vokabeln aus den Prospekten der Reiseveranstalter drängen sich auf, denn hier gibt es traumhaft schöne Strände, weissen Sand, Palmen, tiefblaues Meer, sonnenbeschienene Idylle, daneben Kreuzfahrtschiffe der Luxusklasse und über allem ein strahlend blauer Himmel.

Der 1970 in der Steiermark geborene Künstler findet seine Sujets dort, wo der Verdacht des Kitsches nicht weit entfernt ist. Ob Fototapeten der Achtzigerjahre oder Reklame für exotische Ferien in der Ferne, die Vorlagen haben eines gemeinsam: Sie sollen die Sehnsucht des europäischen Reisenden wecken.

Kodritschs Bilder allerdings brechen mit den Klischees, denn ihr eigentliches Thema ist nicht das Urlaubsparadies, sondern die Malerei. Zwar scheint es anfangs schwer, sich von den verheissungsvollen Darstellungen zu lösen, doch bald fesselt die malerische Geste den Blick. Der junge Österreicher garniert die Traumstrände und den wolkenlosen Himmel mit pastosen Farbtupfen und Strichen. Mitten im makellosen Blau sitzt ein dicker grüner Farbstrahl. Unter Palmenwedeln blinkt es gelb, rot und weiss. Das Meer wird von heruntergelaufenen Farbschlieren durchkreuzt. Diese Gesten wirken zunächst unbegründet und manieriert, doch Kodritsch hat ein geeignetes Mittel gefunden, um uns zu zeigen, wie schwer es ist, sich von der Wahrnehmung des Gegenstandes zu lösen und sich ganz auf die Malerei einzulassen. Zu gern möchte man die Striche den Schiffen zuordnen oder der Vegetation, aber sie verweigern sich der Deutung und bleiben ein Stück freier Malerei. Kodritsch beschränkt sich allerdings in seiner Kunst nicht auf das eine Medium. Neben Malerei, Videoarbeiten und Zeichnungen bilden Skulpturen einen weiteren Aspekt seiner Arbeit. In der Galerieausstellung gibt es dafür nur ein Beispiel, die Plastik «In the Mood»; ein Stück schwarzen Humors, nicht nur aufgrund der homogenen Farbigkeit. Der aus Tonklumpen zurechtgedrückte Elefant, der mit seinem Rüssel einen ebenso grob modulierten Batman befriedigt, ist das Bindeglied zwischen Kodritschs Paradiesbildern und seiner Serie der «Bikinimädchen», zwischen implizierter und offenkundiger Erotik, die sich allerdings ganz schnell in ihr Gegenteil verkehren kann. Denn Kodritsch übertreibt ganz augenscheinlich gern, er trägt ein bisschen zu viel Humor zur Schau, legt seine Spässe etwas zu derb an, vereinfacht ein wenig zu sehr. Doch gerade das rückt seine Ölbilder in die Nähe von Künstlern wie Kippenberger und Polke, deren hintergründige Witze den Ernst der Kunst unterwanderten. Kodritschs «Bikinimädchen» sind reduziert auf ihren Unterleib und eine gerade noch als solche erkennbare Anatomie. Bekleidet sind sie mit dem legendären Stoffdreieck, das hier auch in Varianten vom Hot Pant bis zum Stringtanga vorkommt.

Doch was ist das da rings um das Stoffteilchen? Hier spriesst es überall: gelockt, gekringelt, gefärbt. Das erotische Mysterium des Badehöschens ist durch extravagante, haarige Vielfalt entzaubert. Voyeuristische Blicke weichen einer kindlich naiven Schaulust. Ob dieser Begeisterung für inzwischen weit gehend ästhetisch sanktionierten Schamhaarexhibitionismus ist man fast erleichtert, dass Kodritsch das während einer durchzechten Partynacht aus einem Wortspiel geborene Ausstellungsmotto «Blood Red Chili Pampers» nicht auch noch in ein Gemälde übersetzt hat. Zuzutrauen wäre es ihm, und vielleicht käme sogar ein weiteres seiner zwar frivolen und doch sehenswerten Werke dabei heraus.