Ausschnitt aus der Gegenwart

by Kristin Schmidt

«Heimspiel» für das Sammler-Ehepaar Bosshard: In der Alten Fabrik Rapperswil gibt es Einblick in seine Kollektion zeitgenössischer Schweizer Kunst.

Peter Bosshard ist ein Kunstsammler, wie er im Buche steht. Der Anlass seiner Sammlung ist die Leidenschaft für Kunst. Als Entdecker, Freund und Förderer steht der gebürtige Schaffhauser in engem Kontakt zu Künstlern und Künstlerinnen, oft entwickelten sich aus ersten Begegnungen Freundschaften. Bosshard verfolgt die künstlerischen Entwicklungen und in diesem Zusammenhang auch die zunehmende internationale Bedeutung seiner Sammlungskünstler und -künstlerinnen, ein Zeichen dafür, dass ihn sein Gespür selten im Stich lässt.

Sein Blick für das Schaffen der jungen Generation ist stets offen geblieben. Auf diese Weise entstand in den vergangenen 30 Jahren eine Sammlung, die ebenso vielseitig wie spannend ist. Dennoch gibt es einen roten Faden, der alle Werke verbindet: Obgleich es dem erfolgreichen Wirtschaftsanwalt an Gelegenheit nicht mangelte, seine Sammellust international auszudehnen, konzentrierte und konzentriert er sich bewusst auf Schweizer Gegenwartskunst. Dass er sich damit weder inhaltlich noch qualitativ Beschränkungen auferlegt, beweist die aktuelle Ausstellung in der IG Halle in Rapperswil. Hier in der Alten Fabrik ist derzeit mit ausgewählten Neuerwerbungen der vergangenen fünf Jahre ein Ausschnitt aus der Sammlung Bosshard zu sehen. Junge Künstlerinnen wie Zilla Leutenegger oder Dominique Lämmli sind unter einem Dach vereint mit älteren Künstlern wie Klaus Born oder Jürg Moser.

Entsprechend heterogen ist das Gesamtbild aus einer Vielfalt künstlerischer Handschriften, verwendeter Materialien und inhaltlicher Ansätze. Da sind beispielsweise die Computerzeichnungen Yves Netzhammers, skurrile Mutationen und Metamorphosen bekannter Dinge, oder Hugo Suters Assemblagen aus alltäglichen Materialien. Strandgut verwandelt sich hinter einer Milchglasscheibe in eine italienische Landschaft, Kehrichtschaufel und Besen in ein Gesicht. Stefan Gritsch arbeitet mit Farbe, doch ist er eher ein Bildhauer. Stück für Stück trägt er Farbschichten übereinander auf, bis nach zwei Jahre dauernder Arbeit dreidimensionale Farbblöcke entstanden sind. Reto Boller und Mario Sala ersetzen die Farbe in ihren Gemälden teilweise durch Leim, sodass sich dynamische Strukturen ergeben. Carmen Perrin gewinnt den Materialien völlig neue Aspekte ab, ein Tonrelief schwingt sich in Wellen vor der Wand, die Blöcke aus geflochtenem Kautschuk warten auf die nächste Veränderung ihrer Form. Dass die Werke der älteren Generationen an Frische und Lebendigkeit in nichts hinter denen der jüngeren zurückstehen, zeigen besonders die sparsamen Zeichnungen Thomas Müllenbachs, die neue Blicke auf alltägliche Dinge werfen. Die Sujets in Anselm Stalders und Claudio Mosers schwarzen Bildern bleiben schemenhaft. Es geht ihm wie mit den Aufnahmen Annelies Strbas. Die Künstlerin bannt Momente des Lebens aufs Fotopapier und erzielt mit kalkulierten Unschärfen atmosphärische Wirkungen.

Obgleich die Ausstellung nur einen Bruchteil der umfangreichen Sammlung Elisabeth und Peter Bosshards zeigt, verrät sie doch den Spürsinn und die Begeisterung des Paares. Selbst der Ort der Präsentation spricht von diesem Engagement, das vor drei Jahren mit der goldenen Ehrenmedaille des Kantons Zürich gewürdigt wurde, denn Peter Bosshard ist Präsident der Stiftung Geberit, der auch die IG Halle untersteht. Höchste Zeit also, die Sammlung am Wohnort der Bosshards, in Rapperswil, vorzustellen. Einen schönen Anlass gibt es obendrein: Vor wenigen Tagen feierten beide ihren 60. Geburtstag.