Dosen im Ozean

by Kristin Schmidt

Dornbirn — Globale Krisen, Klimawandel, Umweltzerstörung – kann und soll die Kunst hier Stellung beziehen? Wenn ja, nützt das etwas? Eine neue Generation von Künstlerinnen und Künstlern greift ökologische Fragen auf und präsentiert sie prominent und kritisch an den grossen Kunstschauplätzen. Sie recherchiert selbst im wissenschaftlichen Bereich oder knüpft mit ihren Arbeiten an brisante Themen und Erkenntnisse an. So auch Claudia Comte (*1983): Mit ihrer jüngsten Ausstellung liefert die Künstlerin einen expliziten, aber keinesfalls plakativen Kommentar zur Situation der Weltmeere. Im Kunstraum Dornbirn hat sie eine abstrakte Unterwasserlandschaft inszeniert: Vierzig zylindrische, weisse Säulen aus Baumstämmen tragen jeweils eine Marmorskulptur in Form einer zerbeulten Getränkedose. Die Höhe der Sockel variiert wellenförmig. In Wellenlinien fliesst auch die Schrift über ein weisses Tuch. Es hängt unter der Decke in der ehemaligen Fabrikhalle und entspricht genau deren Grundfläche. Auf dem Tuch zitiert Comte eine Textpassage aus «The Sea Around Us» von Rachel L. Carson (1907–1964). Die amerikanische Meeresbiologin gilt als Begründerin des Umweltschutzes in den USA.

Comtes Installation «The Sea of Darkness» bewegt sich zwischen formalen und materiellen Polen: Die Welle trifft auf die Statik. Der geometrischen Form der Sockel und ihrer rasterförmigen Anordnung antwortet die Vielgestaltigkeit der Dosenskulpturen. Deren Form wiederum basiert auf der industriellen Massenfertigung, doch diese wird gebrochen durch die individuelle Deformation. Und der kalte, dunkle Stein, industriell gefräst, kontrastiert mit dem im Atelier der Künstlerin bearbeiteten, weiss gestrichenen Holz und dem weissen Tuch. Die formalen Gegensätze tragen den Verweis auf die schwierige Situation der Ozeane in sich, treffen doch dort ökologische und marktwirtschaftliche Interessen ebenso hart aufeinander wie das weit verbreitete Wissen um die Bedeutung dieses Lebensraumes einerseits und die Konsumlust und Sorglosigkeit andererseits.

Claudia Comte hat immer gezeigt, dass sie den grossen Massstab beherrscht. Im Kunstraum Dornbirn verbindet sie die perfekte Ästhetik ihrer Installationen und ihre Leidenschaft für Holz und Stein mit ihrem Interesse für Umweltaspekte. ks

www.kunstraumdornbirn.at