Das Runde und das Eckige

by Kristin Schmidt

Hans Arps organische Plastiken und die geschwungenen Konturen seiner Reliefs sind ideale Partner für die gerade, gebaute Linie. Seine Werke rhythmisieren die strengen Gebäudeformen und sind in ihrem Anspruch, Kunst und Architektur zu verbinden, noch immer wegweisend für Kunst am Bau-Projekte.

Hans Arp (1886–1966) hat Bauplastiken entworfen, hat architekturbezogen gearbeitet, hat Werke ortsspezifisch für den öffentlichen Raum konzipiert. Das ist wenig überraschend und beinahe allgemein bekannt. Umso erstaunlicher ist es, dass diese oft grossformatigen, präsenten Arbeiten kaum je das Thema von Publikationen und noch nie von einer Ausstellung waren. Das Kunstmuseum Appenzell und die Fondazione Marguerite Arp in Locarno schliessen nun diese Lücke. Mit «Public Arp» stellen sie Arps baubezogene Werke in den Kontext seines Schaffens und zeigen wie sie von der Vision einer Synthese der Künste getragen sind.

Die Ansprüche waren hoch: Nach dem Zivilisations- und Kulturbruch der Nazizeit ging es darum, wieder ästhetische Zeichen der Moderne zu setzen und an die früheren Errungenschaften anzuknüpfen. Architektur und Bildende Kunst standen dabei gleichberechtigt auf einer Stufe. Dank der Synthese beider sollte die Architektur ein menschlicheres Gesicht erhalten – ein Anliegen, für das sich insbesondere der Schweizer Architekturhistoriker Siegfried Giedion (1888–1968) einsetzte. Arp schätzte dieses Engagement und war gern bereit, an der Durchdringung von Kunst und Architektur mitzuwirken. Die Ausstellung fokussiert auf zehn Hauptwerke, darunter nahgelegene und fernere. Zu ersteren gehört die Universität St. Gallen. Für deren brutalistischen Betonkörper sollte Arp ursprünglich ein Relief beisteuern. Installiert wurde aber – aus gesundheitlichen Gründen musste Arp kürzer treten – schliesslich der «Schalenbaum», 1960. Die Bronzeplastik vor einem Bassin rechts des Haupteinganges markiert den Übergang zwischen Natur und Landschaft und hat bis heute nichts von ihrer Präsenz verloren.

Arp arbeitete immer wieder für Bildungsinstitutionen und leistete damit auch einen Beitrag an die visuelle Erziehung; vorgestellt werden ausser der Universität St. Gallen die Pestalozzischule Zürich, das Harvard Graduate Center, die Universität Caracas, die Technische Universität Braunschweig und die Allgemeine Gewerbeschule Basel sowie weitere Arbeiten beispielsweise für Kirchen. Die Ausstellung präsentiert vorbereitende Skizzen und Zeichnungen, Kartonentwürfe für die Reliefs und Modelle, Archivmaterial sowie historische und aktuelle fotografische Dokumentationen. Zudem sind den ortsbezogenen Arbeiten andere Plastiken Arps zur Seite gestellt; damit greift der Dialog zwischen Architektur und Kunst auch auf den beispielhaften Museumsbau über.