Keine Kunst mehr im Kornhaus

by Kristin Schmidt

Rorschach wird um eine Kulturinstitution ärmer: In diesem Frühsommer findet die letzte Ausstellung des Vereins Kulturfrühling im Kornhaus Rorschach statt. Thomas und Elisabeth Krucker hatten seit 2010 mit ihrem Programm eine Lücke im regionalen Kunstraumangebot gefüllt.

Der See ist weit, er verbindet, er trennt, er verändert sich. Um ihn ranken sich Geschichten, erfundene und wahre, er ist ein vielgenutztes und doch nie abgenutztes Sujet. Kein Wunder, dass sich Kunstschaffende immer wieder aufs Neue gerne mit dem See beschäftigen. Dies merkten Elisabeth und Thomas Krucker rasch, als sie die Reihe „Rendez-vouz Ostschweizer Kunstschaffender“ ins Leben riefen. Immer wieder lassen sich Kunstschaffende vom See anregen und thematisieren die schönen wie auch die problematischen Aspekte rund ums Wasser. So wie Stefan Rohner. Der St.Galler Künstler war im Frühsommer 2010 für das erste Rendez-vous eingeladen und zeigte eine auf dem Wasser treibende Skulptur aus PET-Material. Die sanft wogende Wolke war ein sinnlicher Kommentar zu den verschmutzten globalen Wasserreserven.

Zwei Regionalisten

Seit jener Ausstellung sind acht Jahre vergangen und mit ihnen 17 Ausstellungen in immer wieder neuen Künstlerkonstellationen. Viele der Künstlerinnen und Künstler hatten zuvor nicht miteinander ausgestellt und den beiden Kuratoren sind immer wieder überraschende Kombinationen gelungen. Geschöpft haben sie dafür aus ihrem reichen Netzwerk: Beide sind fest in der Region verwurzelt. Zwar sind sie oft umgezogen, aber nur zwischen Goldach, Rorschach und Rorschacherberg. So betont Thomas Krucker „die“ in seinem Satz „Wir sind die Regionalisten“.

Aber die Verankerung allein ermöglicht nicht die wertvollen Kontakte. Kruckers sind auch unterwegs. Kaum eine Vernissage in der Region, an der sie nicht gesichtet werden können: „Wir bewegen uns dort, wo die Künstler sind und haben immer wieder neue kennengelernt“. Diesen Kunstschaffenden eine Plattform zu bieten, war die wichtigste Motivation. Hinzu kam die grosse Lust sich zu engagieren.

Ein Kulturtag für alle

Elisabeth Krucker hatte Anfang der 2000er Jahre in Bern ein Nachdiplomstudium in Bern absolviert mit so namhaften Dozenten wie Oskar Bätschmann und Harald Szeemann. Die dort vermittelte Leidenschaft fürs Kuratieren rief nach eigenen Projekten und mündete 2006 in dem ersten Kulturfrühling Rorschach: 450 Kulturschaffende aller Sparten traten einen Tag lang in Rorschach auf. Der Anlass traf auf grosse Resonanz, aber bald folgte die Ernüchterung, so Elisabeth Krucker: „Wir hatten gehofft, die Teilnehmenden vernetzen sich untereinander, aber jeder kochte danach wieder sein eigenes Süppchen“. Zeit also, die Fäden selbst in die Hand zu nehmen. Elisabeth Krucker erinnerte sich an jenen kleinen Raum im Kornhaus, an dem sie einst eine Architekturausstellung gesehen hatte. Die Infrastruktur dort war minimal, aber die Lage einmalig. Er ist so nah am See, dass mitunter fast das Wasser hineinschwappt und sich in den Kunstwerken spiegelt in Form von Tauen, Schiffen, Wasserstilleben oder Algeninstallationen.

Umbau in Sicht?

Jetzt eröffnet das letzte Rendez-vous und danach wird Schluss sein mit den kleinen, aber feinen Präsentationen im Kornhaus Rorschach. Elisabeth und Thomas Krucker haben sich entschlossen aufzuhören. Das Alter ist ein Grund, aber auch ein zweiter klingt an: Von Anfang an ging es ihnen auch darum, das Kornhaus Rorschach kulturell zu nutzen und in die öffentliche Aufmerksamkeit zu rücken. Der grosse Bau direkt am Ufer des Sees ist das Wahrzeichen der Stadt und doch nicht in wünschenswertem Zustand. Seit vielen Jahren steht ein Umbau an und in diesem Frühling wurde nun erneut ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Es wird wohl noch dauern bis der Umbau konkret ist, aber Kruckers wollen nicht länger warten. Sie haben die nächsten Projekte im Kopf, so werden Kunstinteressierte bald einen neuen Grund haben, nach Rorschach zu pilgern.