Skeptischer Raum

by Kristin Schmidt

Christoph Eisenring (*1983 in Frauenfeld) arbeitet an der Grenze des Sichtbaren. Er sucht das Unscheinbare, das Beiläufige. Er wählt es aus und hebt es hervor, um es mit diesem Akt des Heraus- und Hervorhebens wieder verschwinden zu lassen wie etwa den Gipsabguss eines Lichtschalters oder eines Autoreifens vor weisser Wand, die weiss lackierten Kettenglieder auf ebenso weissem Sockel oder die Fotografie eines weissen Teigschabers auf weissem Grund. Der in Winterthur und Schaffhausen lebende Künstler verwendet Gegenstände, die selbst kaum eine inhaltliche Aufladung mitbringen und somit auf nichts anderes als sich selbst verweisen. Damit besitzen sie die grösstmögliche Offenheit für eine rein formale Betrachtung und schärfen am Übergang zum Nichtsichtbaren die Sinne für die Form-, Farb- und Raumwahrnehmung.

Christoph Eisenring hat den diesjährigen Manor Kunstpreis des Kantons Zürich erhalten und damit nun die Gelegenheit seine Wahrnehmungsrecherchen im Kunstmuseum Winterthur in grossem Massstab durchzuführen. Im Zentrum der Ausstellung steht ein Raum oder eigentlich kein Raum, denn Eisenring konstruiert die Erfahrung eines sich auflösenden, eines visuell nicht mehr vorhandenen Raumes.

Die Ausstellung existiert in einer Tag- und einer Nachtvariante. Tagsüber fordert bereits an der Fassade des Kunstmuseum Winterthur ein Kubus die Aufmerksamkeit und verweist auf das zentrale Werk im Inneren des Gebäudes. Dort markieren weitere Kuben die Nachbarschaft des «Skeptischen Raumes». Dieser ist jedoch nur während der zusätzlichen Öffnungszeiten abends und nachts zu betreten, dann nämlich, wenn alle Sammlungsräume geschlossen und die angrenzenden Räume ins Dunkel gehüllt sind. Spärliches Licht dringt einzig durch das Foyer und das Oberlicht herein und beleuchtet ein einzigartiges geometrisches Muster. Die Abfolge heller und dunkler Flächen erzeugt ein visuelles Flimmern, das sämtliche Konturen verunklärt. Die Grösse des Raumes, seine Gestalt können nicht mehr erfasst werden, der Raum als zentrales Element der Ausstellung löst sich in einem Bildrauschen auf.

Eisenring zielt nicht auf metaphorisch zu interpretierende Erfahrungen ab. Stattdessen führt die Fülle der optischen Eindrücke zu unmittelbaren, individuellen Erlebnissen. Der „Skeptische Raum“ als Werk tritt hinter dieses Erleben zurück. Konsequent koppelt Christoph Eisenring das Zeigen eines Werkes an sein visuelles Verschwinden.