Das grosse Miteinander

by Kristin Schmidt

Alles andere als kompliziert: Die Ausstellung „Komplizen“ zeigt, was herauskommt, wenn sich Kunstschaffenden zusammentun mit Gestaltern, IT-Spezialisten, Fotografinnen, Architekten, Hotelinhabern, Musikern und anderen.

Kollegen, Kompagnons und Konsortien – Zusammenarbeit und deren Mehrwert stehen hoch im Kurs. Co-Working-Arbeitsplätze schiessen wie Pilze aus dem Boden, Kollaborationen werden erwünscht und gefördert, Kooperationen selbstverständlich vorausgesetzt; auch im Kulturbetrieb oder gerade dort. Energien und Budgets müssen gebündelt, Kreativität forciert und Netzwerke genutzt und ausgebaut werden, nicht nur digital, sondern zwischen realen Menschen.

Melanie Büchel und Eugen Fulterer handeln also nach dem Gebot der Stunde, wenn sie Kunstschaffende zur gemeinsamen Tat verpflichten. Die beiden haben für die aktuelle Ausstellung im Kunstraum Engländerbau acht Künstlerinnen und Künstler der Region eingeladen, mit einer Person aus ihrem persönlichen Netzwerk etwas Neues zu realisieren. Damit ist einerseits die konkrete Arbeit in der Ausstellung gemeint und andererseits – denn ein Mehrwert musste auch hier her – einen Dialog zu eröffnen und das Potential für solche Gemeinschaften in der Region zu aktivieren.

Das klingt nach einem Zweckbündnis und verlangt geradezu nach einer attraktiveren Umschreibung. Die ist dem Kuratorendoppel denn auch gelungen: Büchel und Fulterer rufen die Komplizenschaft aus. Das klingt nach geheimen Bündnissen, nach unverbrüchlichen Schwüren und kokettiert mit der Nähe zur Verschwörung. Es suggeriert Spannung, Aktion, Abenteuer, ganz wie in den gängigen Filmbewertungen. Ganz so rasant geht es in der Ausstellung dann aber doch nicht zu.

Visuell ist die Ausstellung durchaus gelungen. Die Werke behaupten sich im neutralen White Cube des Kunstraum Engländerbau, ohne sich gegeneinander auszuspielen. Vieles kommt unprätentiös daher mit einem Hang zum Provisorischen. So etwa die Installation von Anna Hilti, Luis Hilti und Toni Büchel. Die drei Liechtensteiner stellen ihre Idee eines Auswandererdenkmals in den Raum. Sie verschränken damit die heutige Migrationspolitik des Fürstentums mit der Vergangenheit des früher bitterarmen Landes. Innerhalb einer eigens gebauten Holzkonstruktion werden Diskussionen, Vorträge und Workshops zum Thema initiiert und erste Vorschläge präsentiert. Sie bestehen aus Würfelzucker und Zuckerbildern auf schwarzem Grund und wirken damit ebenso flüchtig wie spielerisch. Vergänglich ist auch die Installation von Milena Broger und ihrem Vater Frank. Die Köchin und der Grafiker kochten ihre Gefühle ein oder zumindest Lebensmittel, die ihnen als Metapher für Wut, Stolz, Angst oder Lust dienen. Das Gestell mit den appetitlich angerichteten Einmachgläsern ist schön anzusehen, führt aber wenig über sich hinaus. Hintergründiger ist die Sockelplastik von Damiano Curschellas und Karen Amanda Moser. Sie nimmt die Gestaltung des Ausstellungsraumes auf und führt darin ein Selbstgespräch bis sich dereinst ein möglicher Skulpturenkomplize einstellt.

Fridolin Schoch und Lukasz Wrobel zeigen mit ihren Fotomontagen die Schwierigkeit von Komplizenschaft in heutigen Zeiten: Kaum ein Mensch bleibt unsichtbar, kaum eine Beziehung geheim inmitten der weltweit freiwillig oder unfreiwillig übermittelten Daten. Zwei haben es dennoch versucht auszubrechen. Sie haben an die Wand des Ausstellungsraumes die Aufforderung „Take the money and run“ gesprayt und sich davon gemacht. Wohin? Die beiden Österreicher Albert Allgaier und Alexander Fuchs verraten es im aufliegenden Saalblatt. Ein gedankliches Roadmovie entspinnt sich: zwei hinterm Steuer, durch Dick und Dünn – so funktioniert Komplizenschaft.