Direktmarketing als Performance

by Kristin Schmidt

Gordon Matta-Clark hat es vorgemacht: Mit Motorsägen durchschnitt er Gebäudefassaden, Decken und Böden, trennte Hausteile heraus, legte das Innere frei. Die Gebrüder Riklin nehmen dieses Verfahren wieder auf und interpretieren es neu. Die beiden Künstler transformieren keine Abrissobjekte, sondern verwandeln einen Büroraum in eine Ruine. Das herausgetrennte Segment senden sie samt Schreibtisch und Mensch dahinter auf den Weg, den Weg des Direktmachetings. Für diese Wortkreation stand nicht die trennende Kraft der Machete Pate, sondern das Direktmarketing – eine eher mit negativem Image behaftete Werbemassnahme. Doch Frank und Patrick Riklin lassen sich von Problemfällen nicht schrecken, im Gegenteil. Seit Jahren agieren sie mit ihrem Atelier für Sonderaufgaben an der Schnittstelle zwischen Kunst und Gesellschaft. Sie arbeiten mit unkonventionellen Methoden an ökologischen, sozialen, stadt- oder konsumspezifischen Fragestellungen. So transportiert nun ein Kran den Verkaufsleiter einer Ostschweizer Firma samt Schreibtisch vor die Bürofenster anderer Unternehmen: Die Telefonakquise erfolgt von Angesicht zu Angesicht; der Digitalisierung und Globalisierung wird mit wörtlich genommener Kundennähe begegnet. Auf dass dank Riklinscher „Artonomie“ die Verkaufszahlen steigen.