Ein perfekter (Garten-)Tag

by Kristin Schmidt

Die Idylle trügt, auch im Weiertal. Zwei Weiher, ein Bachlauf in der Wiese, kleine Brücken darüber. In den Rosenbüschen summt und flirrt es. Die Obstbäume, selbstverständlich alles Hochstämmer, tragen reichlich Früchte. Im gemähten Gras dürfen die Gänseblümcheninseln weiter wachsen. Leiser Wind säuselt durch die Blätter. Alles so schön, rumorten da nicht unheimliche Wesen. Sind es tierische Laute? Menschliche? Ausserirdische? Sie ertönen aus einem Stahltank auf der Wiese. Zu klein für ein Silo, zu gross, um übersehen zu werden. Ein Fremdkörper im Grün, einer von vielen. Wieder einmal ist im Kulturort Weiertal die Kunst gelandet. 40 Künstlerinnen und Künstler der IG Archiv Ostschweizer Kunstschaffen präsentierten ihre Arbeiten zwischen Baum, Bach und Gartenhaus und im umgebauten Pferdestall. Sie reagieren auf die üppige und doch gestaltete Natur mit grellbunten Objekten. Sie setzten Interventionen und provozieren Irritationen.

Hat da tatsächlich jemand einen zusammengeknoteten Plastiksack vergessen? Schmelzen dort fremdartige Hutpilze in der mitteleuropäischen Sommerhitze dahin? Wer hat die Frucht vom Baum der Erkenntnis verloren? Hineinzubeissen empfiehlt sich nicht, der riesige Apfel ist aus Stein, aber zartes Streicheln offenbart seine Qualitäten als Handschmeichler. Anfassen erlaubt. Die Hemmschwellen sind gering in diesem wunderbaren Garten. Die Kunst ist nahe, präsentiert sich auf Augenhöhe im übertragenen und im wörtlichen Sinne. Die Zehenspitzen sind nur nötig für manche der kleinen Holzboxen, die nistkastengleich an den Stämmen hängen. Es sind kleine Bühnen für die grossen Namen, für da Vinci, Vallotton, Breughel oder Botticelli. Bloss keinen übersehen. Der Rundgang gerät zur Entdeckungsreise. Manches ist gut versteckt, die kleinen Metallplaketten an den Stämmen etwa. Für einmal enthalten sie nicht die botanisch korrekten Bezeichnungen der Bäume, sondern laden zum Seitensprung oder auch nur zur grossen Liebe.

Über allem baumelt das Motto der Ausstellung „Just a perfect day“ im Wind und erinnert an Lou Reeds melancholisches Lied. So ist der Garten nicht nur Paradies, er ist auch Ort des Sündenfalles. Der Stacheldraht ist bis in die Wipfel gelangt und am Eingang zum Garten erinnert ein Miniaturgebirge aus Gletscherabdeckvlies an die Gefährdung der Natur. Der Schwan auf dem Weiher wird plötzlich verrückt und speit Wasser. Nur die Ameisen bauen unbeirrt an ihrem Nest bis sie sich im weissen Rauschen auflösen. Nur der Hügel bleibt und der Garten wartet.