Bregenz: Rosemarie Trockel

by Kristin Schmidt

Rosemarie Trockel wird gern in eine Reihe gestellt mit Cindy Sherman, Barbara Kruger oder Jenny Holzer. Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden, allerdings fehlen in dieser Aufzählung die Künstlerkollegen. Nicht einmal, wenn eine wie Trockel Themen auswählt, die frauenspezifisch wirken, sich feministisch deuten lassen, rechtfertigt dies, für sie die Künstlerinnenschublade zu bemühen.

Trockel spielt die Frauenkarte so souverän, geist- und anspielungsreich wie sie jedes andere Thema auch behandelt. In ihrer aktuellen Ausstellung im Kunsthaus Bregenz ist es beispielsweise eine wahre Freude, sie die aktuelle und die nicht mehr ganz so zeitgenössische Kunst sezieren zu sehen.

Trockel ist bekannt geworden als die strickende Künstlerin, wobei ihre wollenen Bildwerke bereits in den 1980er Jahren per Computer gestaltet und maschinell hergestellt wurden. Nun aber verzichtet sie aufs vollautomatische Stricken und legt Acrylfaden an Acrylfaden, so dass Streifenbilder entstehen. Streifenbilder? Gab es die nicht in den vergangenen zwei Jahren allerorten zu sehen, eben doch mittels Computertechnik fabriziert, und zwar von Gerhard Richter und bis zu 10 Meter lang? Trockels Streifenbilder sind wesentlich kleiner, sie heissen „Easter Parade“ oder „Pattern is a teacher“, oder tragen sie gar keinen Titel. Gerade in ihrer überschaubaren Grösse, ihrer Machart und der beliebigen Benennung wegen konterkarieren sie Richters „Stripes“ und spielen mit der Lust, das Ungegenständliche unendlich zu erhöhen. Schade nur, dass sie im Kunsthaus Bregenz hinter Acrylglas hängen, das hemmt sie etwas in ihrer Wirkung. An anderen Stellen wieder ist die Präsentation der Werke gelungen und antwortet aufs Beste der Architektur Zumthors, wenn etwa Drucke in Beton gerahmt sind oder „Spiral Betty“ am Fusse einer der langen, die Stockwerke verbindenden Treppen hängt und den Herabschreitenden entgegen strahlt. Neonröhre, Eierstockplastik, Schnur – Betty ist die kleine Schwester von Jetty und lässt Robert Smithsons spiralförmige, mit schwerem Gerät erbaute Mole in Utah hoffnungslos romantisch erscheinen.

Nicht immer liegen Trockels Bezüge geografisch so weit; für ihre Märzschnee-Ausstellung im Kunsthaus Bregenz hat sich die Künstlerin im Vorarlberg umgesehen und ist auf Trachtenkunst und Amulette, auf Trophäen und Reizwäsche gestossen, und auf grosses (weibliches) Selbstbewusstsein. „The Critic“ ist die Synthese all dessen und noch dazu mit dem Ich der Künstlerin verwoben.

Trockel ist jetzt über sechzig, ihre Kunst jedoch ist kein abgeklärtes Alterswerk, sondern sowohl von ihren Inhalten her als auch in ihrer Ausformulierung mühelos auf der Höhe der Zeit.