Ein Wochenhotel in Ebnat-Kappel

by Kristin Schmidt

Die Kunsthalle(n) Toggenburg werden für eine Woche Hotelunternehmer. Das Hotel Arthur ist das neunte Ausstellung des Vereins.

Warum steht der Wohnwagen auf dem Dach? Weil ein Wirtshausschild auch nicht auf dem Boden platziert wird. So einfach ist das.

Der kleine Caravan oben auf dem Anbau des letzten Hotels in Ebnat Kappel heisst Arthur. Er ist seit Jahren das Kennzeichen der Kunsthalle(n) Toggenburg und ebenso mobil wie diese. Mit ihm wird das ehemalige Hotel Post nun für eine Woche zum Hotel Arthur mit allem, was zu einem gut geführten Übernachtungsbetrieb dazu gehört: Küche, Abendprogramm und natürlich individuell eingerichtete Zimmer. Selbst die eigens gestalteten Postkarten fehlen nicht. Sie sind der Beitrag von Karin Karinna Bühler zur Ausstellung. Sie hat Personen aus der Vergangenheit des Hotels interviewt und daraus eine farbige Schnittmenge entworfen – Grau kann so bunt sein.

Bühler ist eine der 13 Künstlerinnen und Künstler, die sich auseinandersetzen mit der Vergangenheit des Hauses und dem Tourismus überhaupt und speziell im Toggenburg. Einmal mehr erweist sich ein Hotel als perfekte Ausgangslage für die Kunst, ist es doch voller Geschichten. Selbst, wenn die Zimmer nach jedem Besuch geputzt werden, schreibt sich die Anwesenheit der Gäste ein, unsichtbar und für immer. Schliesslich haben sie einen kleinen Teil ihres Lebens hier verbracht, haben geträumt, geredet, gelebt. Jetzt sind sie zurückgekommen. Lika Nüssli lässt sie in expressiven Zeichnungen von den Zimmerwänden herabschauen. Bei Katja Grässli tanzen ihre Silhouetten auf der Wand bis der blutrote Teppich aus dem Zimmer fliesst. Joëlle Allet lässt Gregor Samsa nach seiner Verwandlung einziehen. Subtil porträtieren die Künstlerinnen den Geist früherer Zimmermieter. Nicht weniger spannend ist die Aussensicht: Karin Bucher aus Trogen inszeniert voyeuristische Blicke in das ehemalige Fremdenzimmer Nr. 4. Und Silvio Faieta vereint die zwei künstlerischen Strategien: Die Flimmerkiste läuft weiter, so dass der bläuliche Schein bis auf die Strasse zu sehen ist. Die Welt der Gäste überschreitet die Grenze von drinnen und draussen.

Zudem hat Faieta das Mobiliar ersetzt durch Fototapete von neuen Möbeln und nimmt so Bezug auf das Alter des Hauses, in dem seit Jahrzehnten nichts mehr verändert wurde. Auch dies ist ein lohnenswerter künstlerischer Ansatzpunkt. Peter Dew beispielsweise lässt die alten Kabel aus den Leitungen herauswachsen und sich verselbständigen. Stefan Roher und Mirjam Kradolfer schicken die Gäste durch einen Schlafsacktunnel in eine Welt, in der jedes Ding mehr als einen Zweck erfüllen muss. Silvia Gysi versetzt ihr Sonnenzimmer in die Zeit als man noch in die Sommerfrische fuhr. So präsentiert sie den Tourismus heiter bis wolkig. Auch er ein wichtiges Thema der Arbeiten, sind doch die veränderten Reisegewohnheiten der Grund, warum es das Hotel Arthur jetzt gibt und danach gar keines mehr in Ebnat-Kappel.

In Silvia Gysis Sonnenzimmer ist zu lesen: «Dass wir in Venedig waren, Manhattan, Rom, Paris ist selbstverständlich. Ob das in unserem Hirn eine Spur hinterlässt, bleibt eine offene Frage.» Das Hotel Arthur in Ebnat-Kappel hat grosses Potential für eine bleibende Spur.

Begleitprogramm: http://www.kunsthallen-toggenburg.ch/images/14/a2.pdf

Beteiligt Kunstschaffende: Karin Bucher, Joëlle Allet, Silvia Gysi, Oliver Zenklusen, Martin Walch, Werner Casty, Silvio Faieta, Lika Nüssli, Karin Karinna Bühler, Katja Grässli, Lois Hechenblaikner, Peter Dew, Mirjam Kradolfer & Stefan Rohner

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