Bilderfülle in der Kunstmetzgerei

by Kristin Schmidt

Unter dem Titel „One nice shot only“ zeigt Francesco Bonanno eine Gruppenausstellung mit Fotografien. Sie soll ab jetzt jährlich wiederholt werden.

Fotografieren kann jeder. Gute Aufnahmen hingegen sind schwieriger zu bekommen. Das ist bei der analogen nicht anders als bei der digitalen Fotografie. Bei letzterer macht es auch die ungleich grössere Menge der schnell gespeicherten und verfügbaren Bilder nicht besser. Im Gegenteil, denn noch gezielter muss ausgewählt, noch mehr in den symbolischen Papierkorb verschoben werden.

Francesco Bonanno hat 39 Fotografinnen und Fotografen um eine Auswahl gebeten, genauer: um ein gutes Bild. Dazu musste zuallererst der Galerist selbst auswählen. Dass dies nicht ganz einfach war, zeigen Einladungskarte, Buch und Werkliste zur Ausstellung. War in der ersten noch von 35 Künstlerinnen und Künstlern die Rede, sind im postkartengrossen Buch schon 37 genannt und in der Liste schliesslich 39 verzeichnet. Platz haben sie alle im dicht besetzten Ausstellungsraum und keines kommt dem anderen in die Quere, denn Fülle ist bei Bonanno seit jeher Programm. Zudem sind die Fotografien in Motiv, Technik, Trägermaterial, Rahmen so verschieden, dass jede für sich steht. Die Grössen variieren vom Handtellerformat bis zum quadratmetergrossen Bild. Eines ist ganz unprätentiös direkt auf die Wand gepinnt, andere kommen in Passepartout und Edelrahmen daher oder im Sperrholzkasten mit integrierter Lichtquelle. Dass Fotografie längst nicht mehr nur statisch und zweidimensional sind, zeigen Ted Davis´ Plattenspielerobjekt und Stefan Rohners Minibildschirme mit einer animierten Fotoserie. Die Themen reichen von Architektur, über Mensch, Natur, Strassenszene bis hin zu Museum und Brauchtum.

Statt minimalistischer Hängung in perfektem White Cube ergibt sich ein vielseitiges Miteinander der Bilder. Ganz gleich, in welche Richtung der Blick schweift, es gibt etwas zu entdecken. Zum Beispiel Manuel Giróns Architekturfotografie aus Rom: Sie verbindet Innen- und Aussenraum durch die aufmerksam beobachteten Durchblicke und Spiegelungen. Auch Marcel Winter zeigt mit einer Prager Metrostation spannungsvoll in Szene gesetzte Architektur. Stefan A. Schwald hingegen interpretiert die Ein-Bild-Regel etwas freier und zeigt eine mehrteilige Arbeit mit einer Strassenszene in Asien. Die schwarzweissen, auf Leinwand gedruckten Aufnahmen fügen sich zu einer filmähnlichen Sequenz, die vorwärts und rückwärts gelesen werden kann. Einen besonderen Hingucker liefert auch Gunar Meyers vielsagendes Stillleben mit Queenporträt und Putzmittel.

Bonanno hat Fotografinnen und Fotografen aus der ganzen Welt für diese Ausstellung angefragt. Er hat sowohl auf sein dicht geknüpftes Netzwerk zurückgegriffen, als auch ganz neue Namen nach St.Gallen geholt. So sind einerseits Bekannte wiederzusehen, wie etwa Irene Naef, die vor einem Jahr eine Ausstellung in der Macelleria d´Arte hatte und auch diesmal mit ihrem Leuchtkasten eine sehenswerte Arbeit präsentiert, andererseits wird sicherlich der eine oder die andere von den neu Hinzugekommenen wieder einmal in der Galerie zu sehen sein – frisches Blut also für die Kunstmetzgerei.