Spanien einmal anders

by Kristin Schmidt

Isaac Garzón hat in Spanien fotografiert. Ihn interessieren weder touristische Klischees, noch reisserische Sozialporträts, seine Bilder sind einfach, klar und deutlich.

Übriges, Weggeworfenes und Zurückgelassenes ist aussagekräftiges Material – für diejenigen, die verstehen, es zu lesen und Schlüsse zu ziehen. So wie Isaac Garzón. In seiner Ausstellung in der Galerie vor der Klostermauer zeigt er Fotografien aus Spanien. Hier wurde er 1978 geboren, hier verbrachte er nach einem langen Intermezzo von Kindheit, Jugend und ersten Berufsjahren in St.Gallen die vergangenen acht Lebensjahre.

Garzón richtet seinen Blick auf Details, auf die Gräten am Strand, den leblosen Tintenfisch auf dem Kies, den verwesten Fischlaib ohne Kopf, die von Käfern zerfressene Eidechse: Bilder des Verfalls im Kleinen, die jedoch als Verweis auf allgemeine gesellschaftliche Zustände gelten dürfen. Der Fotograf selbst – engagiert in der Protestbewegung «Movimiento 15-M» – porträtiert Spanien aus ungewohnter Perspektive, damit zeigt er das Land und seine Schwierigkeiten dadurch nur umso deutlicher.

Oft stellt Garzón die Aufnahmen zu Serien zusammen, jedoch nicht, um eine Erzählung zu konstruieren, sondern um die Aussagen nochmals pointierter zu formulieren. Zum Beispiel im Triptychon mit Interieurs aus dem Hause seiner Grossmutter. Die stillen, klar komponierten Fotografien lenken den Blick auf die Brüche: auf eine zersprungene Treppenstufe und das sorgsam drapierte Spitzendeckchen daneben, auf den neutralen, ja kargen Schlafraum mit dem Andachtsbild überm Zwischenraum der zwei Betten. Die Frömmigkeit ist allgegenwärtig. Auch im Aussenraum hinterlässt sie Zeichen wie etwa jenes «Ave Maria» auf einer blauen Keramik an der Hauswand. Die Wand wurde oft geweisselt, der Schriftzug aber jedes Mal ausgespart. Er scheint aus einer früheren Zeit herüber und wird doch am Leben gehalten. Mit solchen Bildern erweist sich Isaac Garzón als aufmerksamer Chronist eines Widerspruches, der in alle gesellschaftlichen Bereiche ausstrahlt.

In seinen sachlichen Aufnahmen und ihrer Gruppierung liegt Garzóns Stärke. Dagegen überzeugt die Installation dreier freigestellter Makrelenbilder ohne Kopf weniger. Das liegt nicht an den Fotografien selbst, sondern vielmehr an den darunter aufgestellten Glasbehältern mit roter Flüssigkeit. Hier kippt es ins Illustrative. Auch der Gekreuzigte mit Smartphone in der einen und Fernbedienung in der anderen Hand ist zu explizit, um zum Weiterdenken anzuregen. Allerdings ist er so platziert, dass er nicht ohne weiteres zu entdecken ist. Die Fotoausstellung in den dreidimensionalen Raum zu erweitern, ist ein guter Ansatz, kann aber noch weiterentwickelt werden.