Art Brut – Japan – Schweiz

by Kristin Schmidt

Eine Ausstellung im St.Galler Museum im Lagerhaus

Seine Werke gehören zu den meistabgebildeten der letztjährigen Biennale in Venedig: Shinichi Sawada. Massimiliano Gioni stellte die Tonfiguren des Japaners in der Hauptschau «Der enzyklopädische Palast» aus. Es war nicht die einzige Aussenseiter-Position, die zur Erweiterung des Kunstdiskurses und zur Steigerung der Authentizität beitragen sollte, und es ist längst nicht der einzige Versuch dieser Art in den letzten Jahren. Nun ist Sawada wieder in anderem, ursprünglichem Kontext zu sehen. Das St.Galler Museum im Lagerhaus zeigt seine Werke gemeinsam mit denen anderer japanischer Aussenseiter und zusammen mit ausgewählten schweizerischen Positionen.

Die Ausstellung steht im Kontext des 150-jährigen Jubiläums der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Japan. Der Anlass ist also ein hochoffizieller, die Schau aber trägt ganz die Handschrift des Museums und seiner Kuratorin, Monika Jagfeld. So ist es in St.Gallen beispielsweise möglich, die fragilen Plastiken Sawadas oder die Papierfiguren Keisuke Ishinos ohne Glashaube zu zeigen. Dies steigert nicht nur ihre Präsenz, es belässt ihnen auch ihre Unmittelbarkeit.

Den japanischen Werken wurden solche aus der eigenen Sammlung zur Seite gestellt. Das ermöglicht es, formale Verwandtschaften zu suchen oder zu untersuchen und andererseits die inhaltliche Lesbarkeit bezogen auf den jeweils anderen Kulturkreis zu reflektieren. Oder wie es von Museumsseite her formuliert wird: Ist Art Brut eine Art „global language“? Dazu wäre die Einteilung der Werke in Kategorien wie Systeme, Imaginäre Welten, Wundersames oder Phantasmagorien nicht nötig gewesen, birgt dies doch die Gefahr, dass der offene Blick auf die Werke eingeschränkt wird. Aber gerade indem viele der Kategorisierungen kaum voneinander zu trennen sind und obendrein hinterfragt werden dürfen, schärfen sie den Blick für Überschneidungen und Alternativen.

In der Vergangenheit wurden in Ausstellungen des Museums auch zeitgenössische Künstler integriert. Auch diese Schau hätte sich dafür angeboten. Angesichts des Aussenseiter-Booms in der internationalen Kunstszene ist es aber ebenso schlüssig, darauf zu verzichten. Und es kommt der Dichte der Präsentation zugute. Schade nur, dass es im Katalog aus ganz profanen Gründen nicht möglich war, auch die Schweizerischen Positionen unterzubringen, denn die interkulturellen Vergleichsmöglichkeiten gehen dadurch verloren.

www.museumimlagerhaus.ch