Möbel mal anders

by Kristin Schmidt

„Bauernkunst?“ – die Ausstellung im Zeughaus Teufen liefert keine endgültigen Antworten, aber eine sehenswerte Inszenierung von Kästen und Kunst.

Hatte Hans Ulrich Grubenmann einen? Wenn ja, wo stand er? War er bemalt? Was war darinnen? Es anzunehmen, dass im Haus des grossen Teufener Baumeisters ein prachtvoller Schrank vorhanden war. Aber die Möbel jener Zeit geben heute zahlreiche Rätsel auf. Selten ist klar, an welcher Stelle im Haus sie ihren Platz hatten oder was in ihnen aufbewahrt wurde. Sicher ist nur: Bauernschränke waren keine Bauernmöbel, sondern gehörten der ländlichen Oberschicht. Mit den repräsentativen Stücken grenzte sie sich ab, orientierte sich nach oben. So verwundert es nur wenig, dass auf manchen der im Zeughaus Teufen ausgestellten Schränke die höfische Gesellschaft abgebildet ist – da wird gejagt, gelustwandelt, kokettiert, oder wie es Marcel Zünd formuliert: „Die Volkskunst hat den Rokoko aufgesogen.“

Der Kustos der Stiftung für Appenzellische Volkskunde hat für die Ausstellung 50 Kästen ausgewählt – so viele, wie noch nie gemeinsam zu sehen waren. Diese Fülle erlaubt nicht nur einen Überblick über die gestalterische Bandbreite, es lassen sich auch Typologien aufstellen und Besonderheiten herausfiltern. Etwa inner- und ausserrhodische Unterschiede: Während die einen Monogramme oder Heiligendarstellungen bevorzugten, waren den anderen Bibelgeschichten lieber. Wobei diese mitunter recht freizügig daherkommen. Später dominieren dann pietistisch motivierte Darstellungen. Wer also auf dem eigens ausgelegten schwarzen Teppich an den chronologisch angeordneten Schränken entlangschreitet, kann sich nicht nur wie in einer überdimensionalen guten Stube fühlen, sondern auch Stil- und Motivwandel beobachten.

Aber die Präsentation bietet mehr als eine beispielhafte volkskundliche Aufarbeitung. Dank Zeughauskurator Ueli Vogt werden auch Nebenwege begangen. So wurden zwei Restauratoren eingeladen, ihre Arbeit darzustellen. Zudem wird gezeigt, wo und wie die Schränke heute oft zu sehen sind. Und sie können, zumindest teilweise, so betrachtet werden wie sonst nie, nämlich von hinten. Hier erstaunt, aus welchen architektonischen Versatzstücken sie zusammengebaut, ja zusammengeschustert sind. Zugleich löst diese Präsentation den Bildcharakter der Möbelstücke auf und lässt sie als das hervortreten, was sie eigentlich sind: dreidimensionale Gebilde, die einen Raum konstruieren und einnehmen. So wie Fridolin Schochs „sortir du bois“, der anlässlich der vorhergehenden Ausstellung entstand, nun noch bleiben darf und auch hier bestens passt.

Einmal mehr gelingt es Vogt, zeitgenössische Kunst nicht nur zu zeigen, sondern damit das eigentliche Thema zu erweitern. Wieder sind einige Werke eigens für das Zeughaus entstanden. Stefan Inauen hat beispielsweise schwedische Billigmöbel mit Malerei veredelt, und Com & Com haben den jungen Bauernmaler „Marc Trachsel“ beauftragt, Stationen ihres «Bloch23781» zu malen. Von Regina Baierl ist ein vielseitig nutzbarer Kasten zu sehen. Die Münchner Architektin fügt ausgediente Möbelstücke zusammen und sprengt damit die Gattungsgrenzen. Das gilt auch für die Designstudien der Jakob Schläpfer AG. Ornamente und Bilder der historischen Schränke gehen hier mit neuen Materialien eine Symbiose ein. Die alten Möbel haben grosses Potential.