Aby Warburgs Mnemosyne in St.Gallen auferstanden

by Kristin Schmidt

Gefundene Bilder einander gegenüberstellen, Verwandtschaften ergründen, inhaltliche und formale Grenzen sprengen, Bedeutung untersuchen, frei assoziieren – in der Kunst heute selbstverständlich, begründet vor einem knappen Jahrhundert durch Aby Warburgs Mnemosyne Projekt. Die ursprünglichen Tafeln der Bildersammlung sind nicht erhalten. Eindruck geben einzig fotografische Reproduktionen, zwei Rekonstruktionsversuche in den frühern 1990ern und Publikationen.

Jetzt wird in St.Gallen eine Reinszenierung gewagt, angeregt durch Peter Kamm. Der St.Galler Künstler nimmt regelmässig in Hamburg an Gesprächen zur Mnemosyne teil. Derartige Kommunikation ist ein wesentlicher Aspekt des Atlas und erhält mit der Ausstellung neuen Schwung, ausgelöst durch die direkte Betrachtung und Lektüre. Schon Warburg hatte neben den Abbildungen aufgeschlagene Bücher platziert, und nun konnten die Bestände von Stifts- und Kantonsbibliothek dafür aktiviert werden.

Die Bildtafeln selbst sind entlang einer Schlangenlinie präsentiert und verweisen damit auf einen weiteren regionalen Bezug: Als Patient im Sanatorium Bellevue in Kreuzlingen hielt Warburg einen Vortrag über das Schlangenritual der Pueblo-Indianer – ein wichtiger Schritt für die eigene psychischen Heilung. Noch einmal also wertvolle Kommunikation. Das gilt auch für das Begleitprogramm zur Mnemosyne-Schau.