Leistungsschau der Kreativen

by Kristin Schmidt

Das Ende ein Anfang: Die Schule für Gestaltung St.Gallen präsentiert unter dem Titel „Finale“ zum ersten Mal Abschlussarbeiten aller Schülerinnen und Schüler. In der Hauptpost ist viel Qualität, aber auch weniger Gelungenes zu sehen.

Die Ausstellung ist eine Schau der Superlative: Die Schule für Gestaltung zeigt in der Hauptpost auf 1´700 Quadratmetern Hunderte von Arbeiten von Hunderten Lernender. Das Spektrum reicht von ersten künstlerischen Gehversuchen bis zu ausgereiften Statements, von Fingerübungen in der Freizeit bis zur beruflichen Abschlussarbeit. Zum ersten Mal sind alle Abschluss- und Semesterarbeiten aus allen Klassen der Schule in einer gemeinsamen Ausstellung vereint.

Eine solch umfassende Schau ist eine Herausforderung. Wie kann so eine Vielfalt stimmig präsentiert werden? Wie allem gerecht werden? Das Ganze gelingt unterschiedlich gut und hängt vom Ausbildungsgrad und dem Gespür der Beteiligten ebenso ab wie von der professionellen Unterstützung und dem Raumangebot. Während den Einen eine Kuratorin zur Seite stand, sind die Arbeiten Anderer nicht einmal mit den Namen gekennzeichnet. Letzteres verunmöglicht nicht nur die Identifikation, sondern lässt eine gewisse Wertschätzung gegenüber diesen Werken vermissen.

Zu den gelungenen Beispielen gehören die beiden Präsentationen der Gestalterischen Vorkurse für Erwachsene. Susann Albrecht leitet den Vollzeitkurs, ihre 18 Absolventinnen und Absolventen haben alle bereits einen Platz an einer Hochschule. Daher hat die Kursleiterin einen kleinen Postverteilungsraum für eine einfallsreiche und farbenfrohe Präsentation der Portfoliobücher genutzt. Andy Storchenegger leitet den berufsbegleitenden Vorkurs, seine 14 Teilnehmenden haben im Monotypieverfahren eine gemeinsame, raumfüllende Installation eigens für die Ausstellung entwickelt.

Die Fachklasse Grafik hat die ihr zugeteilten Räume kurzerhand in eine stimmige Agenturpersiflage verwandelt, inklusive transformierter Weltzeituhren, Töggelikasten und ironischer Designpreise. Aber auch die eigentlichen Arbeiten kommen nicht nicht zu kurz, darunter die diesjährigen Olmaplakatideen – die Fachklasse Grafik stellt wieder einmal den Siegerentwurf.

Andreas Tschachtli kommt zu Recht ins Schwärmen, wenn er über seine Fachklasse spricht. So ist es auch bei Roland Stieger angesichts der Arbeiten seiner angehenden typografischen Gestalter. Auch sie zeigen starke Entwürfe in einer stimmigen Übersicht.

Ein besonderes Gewicht wurde auf die Diplomausstellung der ersten Absolventinnen und Absolventen des dreijährigen HF-Lehrgangs Bildende Kunst gelegt, sie wurden sogar kuratorisch unterstützt von Kunsthallenmitarbeiterin Maren Brauner. Zwischen den alten lückenhaften Teppichen und herausgerissenen Deckenpaneelen des ehemaligen Amtes für Migration ist hier viel Qualität, Sinn für Materialien und Mut zum Experiment zu sehen: angefangen von Gespinsten aus Plastiksäcken über Zeichnungskonvolute oder eine auseinanderdriftende Slumskulptur bis hin zu einem schwebenden Apfelbaum. Selbst der kurzfristig angeordnete Abbau einer Raumnische aus Brandschutzgründen wurde gemeistert: Die Installation PutZen Dienste wurde umgeplant und funktioniert dennoch, dies ist auch ein Zeichen für die erarbeitete künstlerische Sicherheit.

Während dem Lehrgang also bescheinigt werden darf, dass das Kursziel erreicht wurde, sieht dies in beim Weiterbildungskurs Farbe Form Raum ganz anders aus. Selbstverliebte, banale oder eklektische Spielereien in konventioneller Machart hängen nichtssagend nebeneinander. Irritierend, dass an der Vernissage zu hören war, der HF-Lehrgang Bildende Kunst solle mit dem FFR-Kurs zusammengelegt werden, und betont wurde, dass dies aber nicht eine Abschaffung des Kurses bedeute. Die Qualitätsunterschiede sind einfach zu gross, als dass beide Gefässe in einem existieren können.