Bücher über Bücher

by Kristin Schmidt

Stefan Steiners Bücher sind poetische Schatztruhen. Gemeinsam mit ausgewählten Gemälden sind sie in einer retrospektiven Ausstellung in der Kunsthalle Ziegelhütte zu sehen.

Stefan Steiner gestaltet keine Künstlerbücher im traditionellen Sinne. Seine Bücher reflektieren das Handwerk des Büchermachens, das Buch als Medium, als Objekt und manchmal auch als inhaltsschweres Werk. Eigentlich ist Stefan Steiner Maler. Der in 1963 in Steinhausen im Kanton Zug geborene Künstler arbeitet in seinem Kölner Atelier an Acryl- und Aquarellbildern. In den Aquarellen setzt er kleine, nahezu rechteckige Farbfelder mit vielen Weissräumen mosaikartig aneinander. Acrylfarbe legt er in kreisförmigen Schwüngen Schicht über Schicht und entwickelt konzeptuelle abstrakte Gemälde mit sich überlagernden Ebenen und grosser Bildtiefe. Daneben widmet sich Steiner seit über 20 Jahren seinen Büchern. Sie werden in der Kunsthalle Ziegelhütte als Schlüsselwerke zu Steiners künstlerischer Entwicklung präsentiert und öffnen den Blick für seine systematische Arbeitsweise. Immer wieder erlaubt die Ausstellung „Stefan Steiner. Efach, Einfach“ im grossen Skulpturensaal Querblicke zwischen Bild und Buch.

Die Bücher sind auf eigens vom Künstler entworfenen Sockeln ohne Vitrinen ausgestellt. So können sie aus unmittelbarer Nähe betrachtet werden, nur Anfassen ist leider nicht gestattet. So bleiben diejenigen Ideen verborgen, die erst in der Abfolge der weissen Blätter sichtbar werden. Anschaulich werden hingegen die formale gestalterische Vielfalt sowie die hoch reflektierte und poetische Imaginationswelt des Künstlers.

Während die Acrylgemälde aus schwungvollen Gesten aufgebaut werden, sind die Buchstaben, Formen und Farben in den Büchern behutsam und zielgenau gesetzt – das gilt selbst dann noch, wenn sie ihr Aussehen dem Zufall verdanken. Die Schmauchspuren etwa von Streichhölzern verselbstständigen sich zu insektenhaften Gebilden. Gerade so, als habe einer das Buch zugeklappt und die Fliege erwischt, oder besser den Moskito. Stefan Steiner bezieht sich in einer Werkgruppe explizit auf den gleichnamigen Roman William Faulkners. Eine andere Werkgruppe bilden die gestempelten Bücher. Auch hier spielt der Zufall hinein. Wenn Steiner zum Beispiel das Wort „Immergrün“ auf die Seiten stempelt, dann setzt er den Stempel erst in blaue, dann in gelbe Farbe. Dicht an dicht drängen sich die immer gleichen Wörter in variierendem Grün, mal stärker, mal weniger stark eingefärbt. Ein lebendiges Flirren überzieht das Weiss. Die „Blaupause“ kommt ebenfalls in dicht gestempelten Versalien daher, ist aber in einem Farbton gehalten. Mit der Restfarbe des Stempels bedruckt Steiner A6-formatige Kärtchen. Zu dem Wort „Blaupause“ gesellen sich hier knappe Notationen wie „Pfefferminzeis kalt grün“ und „roter Plastiklöffel“. Es sind kleine Hinweise auf die Fülle der Welt, nüchtern und doch voller Poesie. Ganz ähnlich wie die Begleittexte des Künstlers zu seinen  Werken. Sie erklären nicht, sondern deuten an, was vor, nach und neben dem Machen geschieht. Versammelt sind diese Texte im Katalog zur Ausstellung. Alle Künstlerbücher Stefan Steiners werden darin in Wort und Bild vorgestellt.