Kunst, Käse und Siedwurst

by Kristin Schmidt

Andrew Holland ist seit November 2012 Direktor der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia. Seine Wurzeln hat der gebürtige Engländer auch in Herisau.

Musik, Literatur, Theater und Tanz – die Pro Helvetia fördert zeitgenössisches Kunstschaffen, den kulturellen Austausch aller Sparten und deren Vermittlung in der Schweiz und im Ausland. Seit 5 Monaten nun ist Andrew Holland der neue Leiter der Schweizer Kulturstiftung. Aufgewachsen ist der gebürtige Engländer in Herisau.

Der Sohn eines Briten und einer Herisauerin kam mit 6 Jahren nach Ausserrhoden, in einem Alter also, in dem Kinder ein neues Umfeld bewusst wahrnehmen und sich Eindrücke bereits fest in die Erinnerung eingraben. Landschaft und Brauchtum waren es vor allen Dingen, die den Knaben faszinierten: „Ich war tief beeindruckt vom Alpsteinmassiv, vom Säntis.“ Kein Wunder, wenn einer aus dem flachen England kommt, mit der Familie am Meer gelebt hatte. Dann waren da das Silvesterchlausen, die Alpabfahrten, der Umzug der Blochgesellschaft, Gidio Hosestoss – das tief verwurzelte, lebendige Brauchtum war neu für Andrew Holland, es bescherte ihm intensive sinnliche Erlebnisse und das Gespür für appenzellische Eigenständigkeit und Originalität. Wurde damals bereits Hollands besondere Leidenschaft für die Kultur geweckt? Auf jeden Fall übertrug sich etwas von der empfundenen Urkraft auf Andrew Holland, seine Wurzeln spürt er seither auch im Appenzellerland.

Die kulturellen Ambitionen verstärkte Holland dann spätestens in St. Gallen. Er begann an der Hochschule in St. Gallen Recht zu studieren und engagierte sich beim Kulturraum Herrmann im St. Galler Berneggstollen. Dort organisierten Gleichgesinnte in den 1990er Jahren gemeinsam Konzerte, Ausstellungen, Performances und Theaterabende. Holland erinnert sich, dass auch der Graben zwischen Tal und Rosenberg klein war, die zwei Welten hatten durchaus Schnittstellen: Kunstbegeisterte und kreative Studierende fanden sich zusammen und veranstalteten Aktionen in der Stadt. Damals erfuhr Holland bereits auf unmittelbare Weise, welche Bedürfnisse es in der freien Kulturszene gibt, welche Grundbedingungen erfüllt sein müssen, damit sie gedeihen kann – etwas, dass ihn bis heute prägt. Später arbeitete er als Dramaturg verschiedener Tanz- und Theaterkompanien der freien Szene, engagierte sich für das Tanzhaus Zürich und in der Programmgruppe Theater/Tanz der Roten Fabrik. Er war Mitinitiator und Co-Leiter des «Projekt Tanz», einer Initiative von Bund, Kantonen, Städten und der Tanzszene zum Aufbau einer umfassenden Tanzförderung. 2004 wechselte er als Leiter der Abteilung Tanz zur Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und übernahm anfangs 2009 die Leitung des Bereichs Förderung sowie die Aufgabe des stellvertretenden Direktors.

Andrew Holland verfolgt die regionale Tanzszene und deren Protagonisten auch dann noch aufmerksam, wenn sie im Ausland arbeiten. Und wenn sie dann wieder hierzulande auftreten, freut ihn das sehr. Der TanzPlan Ost machte es im vergangenen Jahr möglich. In diesem Jahr bietet das Kantonsjubiläum ARAI500 manch einem der inzwischen international arbeitenden Künstler einen Anlass zur zeitweiligen Heimkehr. Und Holland selbst, wie ergeht es ihm als Weggezogenem? Auch ihn zieht es immer wieder in die Heimat, in beide Heimaten: Nach England ebenso wie ins Appenzellerland „zu Kunst, Käse und Siedwurst“. Besonders bei ersterer hat sich viel getan: „Mitunter werfe ich von Zürich aus neidvolle Blicke. Ich bewundere die Dynamik wie Themen aufgegriffen und erforscht werden.“ Beispiele dafür findet Holland in der Kulturlandsgemeinde und im Obacht-Kulturheft oder im letztjährigen Jubiläumsprogramm des Bücherladens Appenzell: „Ich finde es wunderbar, wenn solche Initiativen zustande kommen und umgesetzt werden.“ Und er rechnet fest damit „dass da noch viel passiert.“